ehemaliger Denninger Hof

(Denninger Straße 7)

 

Georg Selmayr, der Sohn des angesehenen und vermögenden Hanselmarterbauern Josef Selmayr sen. hatte - wie es Tradition war - nicht den Familienhof in Bogenhausen geerbt, sondern sein älterer Bruder, Josef Selmayr jr. So musste sich Georg mit der Ziegelei und den landwirtschaftlichen Flächen des Denninger Hofs auf dem Areal der heutigen Wohnblöcke an der Denninger Straße 7  »begnügen«. Sein Enkel, Josef Selmayr, berichtet in seinen Memoiren von den damals meistens üblichen Zuständen:

 

»Großpapa Selmayr betrieb eine Ziegelei und holte im Verein mit seinen gleichschlauen Nachbarn allen Lehm aus seinem Besitztum heraus, der sich zum Brennen eignete. Die Arbeit verrichteten italienische Wanderarbeiter, die billig waren und den ganzen Winter über nachhause fuhren, so dass sie den Ziegeleibesitzer nichts kosteten. Ihre Unterbringung und Verpflegung kann man sich gar nicht dürftig genug ausmalen, etwa in Parallele zu polnischen Erntehelfern auf ostpreußischen Gütern.«

 

Der Boden des 36 Tagewerk großen Areals wurde so lange abgeziegelt, bis der Boden nichts mehr hergab. Ökonomierat Georg Selmayr kümmert sich nicht weiter um den Betrieb, sondern vertraute die Leitung und die Abrechnung einer tüchtigen Magd an, die bald einen Knecht heiratete. Das Paar pachtete schließlich den kleinen Hof. Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Tod von Georg Selmayr im Jahr 1920 begann sich sein Sohn Josef, ein studierter Apotheker mit einer gepachteten Apotheke am Rotkreuz-Platz, im Auftrag der Erbengemeinschaft um das Gut zu kümmern, was in Zeiten von wirtschaftlicher Not und Inflation sicherlich eine gute Entscheidung gewesen ist. Er hob die alte Pacht auf und setzte ein anderes Ehepaar ein auf dem Gut ein, das als Angestellte ein festes Gehalt bezog und nun mehr seinen Anweisungen Folge zu leisten hatte. Jetzt wurden Allgäuer Kühe angeschafft und ein Stier, um so Viehzucht zu betreiben, außerdem kamen Schweine und Geflügel hinzu. Aber es wurde nicht viel investiert und modernisiert - zu klein war der landwirtschaftliche Betrieb. Selmayr kümmert sich hobbymäßig nun um das Anwesen und lief regelmäßig 10 Minuten zu Fuß vom Wohnhaus in der Ismaninger Straße 91 hinaus zu seinem bäuerlichen Betrieb. Der Sohn erinnert sich noch an idyllische Sonntagnachmittage unter Kastanien-, Birnen-, Apfel- und Pflaumenbäume, die die Familie dort bei einer zünftigen Brotzeit und einem mitgebrachten frischen Hellen im Steinkrug genoss. Zuweilen bereicherte der Vater, ein leidenschaftlicher Jäger, auch den kargen Speisezettel mit selbst geschossenen Rebhühnern auf dem Denninger Gelände. Sein Sohn vermutet, dass es ihn hart angekommen ist, dass sein Cousin auf dem Erchinger Schlossgut alles zu besitzen schien, was ihm lieb und teuer gewesen wäre und vom Schicksal verwehrt geblieben ist: Landwirtschaft und Jägerei.

 

 

 

 

<< zurück zur Denninger Straße

 

 

 

 

Quelle:

Selmayr, Josef: Ein Sandkorn im Sturm. Aufzeichnungen eines Soldaten 1905–1945, Norderstedt 2016.

 

Abbildungen von oben nach unten:

Der Denninger Hof von Georg und Philomena Selmayr © Dr. Gerhard Selmayr