Seit 1928 lebte im Dachgeschoss der Villa in der Möhlstraße 34 auch der Religionsphilosoph Theodor Haecker, einer der radikalsten Kulturkritiker während der Zeit des »Dritten Reichs« und Hauptschriftleiter des Schreiber-Verlags. Eine Treppe verband die Wohnung, in der auch seine Frau mit den drei Kindern eingezogen war, mit seinem Verlagsbüro, das Tür an Tür zu dem seines Freundes Ferdinand Schreiber lag. Am 9. Juni 1944 erlitt die Villa einen Totalbombenschaden. In den Tagebuchaufzeichnungen von Theodor Haecker heißt es: »Freitag Vormittag gegen 10 Uhr im Keller. Sprengbombe. Zerstörung des Hauses und meiner Wohnung. Beispiellose Verwüstung. Manche gute Menschen. Helfer, Tröster durch ihr Sein und ihr Tun! Scholl! Manche crapule! [Schurken, Anm. d. Red.] Vornehme Seelen! Und kleine Seelen. Gott ist barmherzig! Gott ist großartig! Gott ist genau aber großartig. Es geschieht mir kein Unrecht.« Der Religionsphilosoph verstarb knapp ein Jahr später, am 9. April 1945. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs, zu Zeiten des Schwarzmarktes in der Möhlstraße, war in der Villa das koschere Café-Restaurant »Astoria« untergebracht.

 

Durch Innenausbau der Villa wurde in der Nachkriegszeit dringend benötigter Wohnraum geschaffen und seit 1946 ist die Villa ein reines Wohnhaus mit mehreren Mietsparteien. Architektonisch wurden die Fassaden der großzügigen, und in ihrem sechsseitigen Grundriss ungewöhnlichen Villa, im Laufe der Zeit weiter »vereinfacht«, so verschwand unter anderem das mit Ziegel überdachte, säulenbestückte Eingangsportal und die mehrfach unterteilten Rundbogenfenster darüber wurden durch schlichtere, rechteckige Exemplare ersetzt. Trotzdem ist die Villa immer noch beeindruckend in ihren Proportionen, mit denen sie sich an die Ecklage anpasst. Überhaupt kann man sich an dieser Stelle noch heute gut vorstellen, wie imposant dieser Ort noch kurz vor dem Zweiten Weltkrieg gewirkt haben muss, als noch sowohl die Villa Düll und die Villa Willstätter als jeweils weitere prägnante, zur Stauffenberg-Villa bestens korrespondierende Eckpunkte, die Kreuzung Möhl- / Höchlstraße quasi zu einem großzügigen »Platz« adelten. Eine städteplanerisch ähnlich gelungene Ausgestaltung bot sicher auch in der Zeit um die Jahrhundertwende die weiter südlich liegende Straßenkreuzung von Möhl- und Siebertstraße, mit ihrer Eckvilla von Alphons Hering (Möhlstraße 20), dem mit Jugendstildekor prächtig verziertem Wohnhaus Siebertstraße 5 (um 1902) und der barocksisierenden Villa Siebertstraße 7, mit der überdimensionalen Vase an der Ecke ihrer Gartenaußenmauer (errichtet um 1900).

 

 

 

 

<< zurück zum Textanfang

 

 

 

 

Abbildungen von oben nach unten:

Die Nordwestseite des Geschäftshauses des Schreiber-Verlags nach dem Totalumbau 1927 und vor dem Bombenschaden am 9.6.1944; Quelle: Buchscan s.o.

Frühlingsimpression an der Kreuzung Möhl-/Höchlstraße 2008 © dietlind pedarnig.