Auszug aus der "Münchner Zeitung", 30. August 1934, Eine "Kolonialsiedlung" im Entstehen:

 

 

"Neues umfangreiches Baugelände wurde in den letzten Wochen im östlichsten München erschlossen und aufgeteilt. Es dehnt sich auf der Zamdorfer Flur diesseits und jenseits der alten ländlichen Ortschaft aus. Die gesamte Fläche bietet Bauplätze für mehrere hundert Siedlungsstellen.

 

An der Weltenburger Straße grenzt das neue Siedlungsgelände unmittelbar an die bekannte Reichskleinsiedlung Zamdorf, die nach den Namen der dafür vorgesehenen Straßen als "Kolonialsiedlung" abgesprochen werden darf. Den Zugang dazu vermittelt der Emin-Pascha-Platz, dann folgt die Wißmann- und die Dominikstraße, durchwegs Namen von verdienstvollen Kolonialpionieren. Diese neue Siedlung hat sich bereits gut entwickelt. Etwa ein Dutzend Neubauten sind schon entstanden. Viele andere werden noch folgen, da zahlreiche Bauplätze schon in festen Händen sind, vorerst aber noch als Gärten genutzt werden."

 

 

Die ersten Neubauten der Zamdorfer Kolonialsiedlung entstanden im Herbst 1934, während die anderen Bauplätze noch als Gärten genutzt wurden. Im Laufe der nächsten Jahre errichtete man ca. 140 Kleineigenheime, davon 61 Doppelhaushälften unter Inanspruchnahme des Arbeitsbeschaffungsprogramms für minderbemittelte Familien. Die Baukosten für die Doppelhäuser betrugen rund 417.000 Reichsmark, pro Haus durchschnittlich 2.650 Reichsmark. Sie wurden für 28 Reichsmark im Monat an "befürsorgte" Familien vermietet. Mit ausgebautem Dach betrug die Wohnfläche ca. 53 qm, wovon die Wohnküche 11,7 qm, das Schlafzimmer 9,3 qm, das Kinderzimmer 5,4 qm maß. Als sanitäre Anlage diente ein Trocken-WC. Der 200 qm große Garten wurde zum Gemüseanbau und zur Kleintierhaltung genutzt, während des Zweiten Weltkriegs wurden dort Schweine, Ziegen, Hühner und Hasen gehalten. Im Jahre 1942 lebten in den Doppelhäusern 803 Personen in 124 Haushalten, die durchschnittliche Kinderzahl betrug 5,1. 24% der Eltern hatten über sieben Kinder, in ca. 89% der Haushalte lebten fünf und mehr Personen, viele Mieter beherbergten verbotenerweise noch Untermieter. Ab dem Jahre 1962 wurden die Häuser an ihre Bewohner verkauft, der Verkaufspreis variierte von 5.000 DM bis 9.600 DM.

 

 

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Text: Karin Bernst, in: "Ein Spaziergang durch den Münchner Nordosten", Kalender 2006.