Villa

Kolbergerstraße 18

 

Ab 1927 bewohnte die Villa in der Kolbergerstraße 18 im Bogenhausener Herzogpark der Geopolitiker und Generalmajor Professor Karl Haushofer (18691946) mit seiner Frau Martha (geb. Mayer-Doss) und seinen beiden Söhnen Albrecht und Heinz. Architekt des Gebäudes mit dem malerischen Eckturm war Paul Böhmer, der die Villa auf eigenes Risiko errichtete, um sie zu verkaufen.

 

Karl Haushofer, 1869 in München auf die Welt gekommen, war der Sohn von Max Haushofer, Professor für Nationalökonomie an der Technischen Hochschule München und außerdem nationalliberaler Politiker und Verfasser spätromantischer Dichtungen. 1908 bis 1909 wurde Karl als Mitglied des Generalstabs des bayerischen 1. Feldartillerie-Regiments "Prinzregent Luitpold" zum Studium der japanischen Armee abkommandiert. Der Aufenthalt in Japan, Indien, Nordchina und der Mandschurei sollte sein Weltbild entscheiden prägen. Nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Militärdienst lehrte er ab 1921 als Honorarprofessor Geographie an der Münchner Universität. Mit seiner fipsigen Stimme erklärte er ab 1925 sonntäglich in der Radiosendung "Deutsche Stunde in Bayern" den Zusammenhang zwischen Weltgeschehen und geografischen Raum und leitete aus seinen wissenschaftlichen Erkenntnissen politische Forderungen ab. Seine Schlagwörter vom "Lebensraum" und dem "Volk ohne Raum" benutzten die Nationalsozialisten dann, um ihre Expansionspolitik zu begründen. Haushofer traf Hitler zu ersten Mal 1921, nach dem missglückten Hitlerputsch besuchte er ihn in der Festungshaft in Landsberg und mit Rudolf Heß, seinem Schüler, verband ihn eine persönliche Freundschaft. Haushofer sah in der NS-Politik das geeignete Instrumentarium, Deutschland zur Weltmacht zu führen. Nach dem England-Abenteuer seines Freundes Heß im Jahr 1941 geriet Karl Haushofer jedoch in den Blick der Gestapo, nicht zuletzt auch, weil seine Frau Martha Halbjüdin war. 1944 wurde Haushofer verhaftet und für einen Monat in Dachau eingesperrt. Sohn Albrecht, der dem Regime immer kritischer gegenüberstand, wurde nach dem Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 als Mitwisser gesucht und schließlich im Dezember in seinem Versteck in Garmisch-Partenkirchen verhaftet. Am 24. April 1945 ermordeten ihn SS-Männer in den Ruinen des ehemaligen Ausstellungsgeländes in Berlin. Sein Bruder Heinz, der ebenfalls in Berlin einsaß, entging diesem Schicksal und wurde wieder entlassen. Am 12. Mai 1945 fand er die Leiche seines Bruders am Ort der Mordtat. Die berühmten Blätter der „Moabiter Sonette“ trug Albrecht Haushofer bei sich. Unter den Sonetten hatte Albrecht auch ein Gedicht mit dem Titel "Der Vater" geschrieben:

 

»Für meinen Vater war das Los gesprochen.

Es lag einmal in seines Willens Kraft,

den Dämon heimzustoßen in die Haft.

Mein Vater hat das Siegel aufgebrochen.

Den Hauch des Bösen hat er nicht gesehen.

Den Dämon ließ er in die Welt entwehen.«

 

Die Ermordung ihres Sohnes haben Karl und Martha Haushofer nicht überwinden können. Am 10. März 1946 nahmen sie sich beide auf ihrem Landgut, dem Hartschimmelhof am Ammersee, gemeinsam das Leben.

 

 

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Foto:

Villa Kolbergerstraße 18; privat

Literatur:

Constanze Hallgarten: Als Pazifistin in Deutschland, Stuttgart 1956

Haiger, Ernst/Amelie Ihring/Carl Friedrich von Weizsäcker: Albrecht Haushofer, Ebenhausen 2008.