Prof. Ernst Philipp Fleischer (18501927)

 

Fleischer, dessen Vater Max (geboren 1812 als Sohn einer jüdischen Familie in Ratibor unter dem Namen Marcus Maximilian, verstorben 1871 in Dresden) Zuckertechniker gewesen ist, hat in Dresden bei Julius Schnorr von Carolsfeld, an der Königlichen Akademie der Künste in München bei Carl von Piloty und an der Königlich-Preußischen Akademie der Künste zu Berlin bei Karl Gussow studiert. Er wurde besonders als Panoramenmaler bekannt, schuf aber in seinem Atelier an der Schwabinger Landstraße auch Genreszenen und Illustrationen. 1892 erhielt er eine Berufung als Professor an die Kunstakademie München. Sein Vermögen erwarb Fleischer  jedoch nicht als Kunstmaler, sondern mit der Fabrik seines Vaters. Sein jüngerer Bruder Fritz (1861–1938) wurde auch Maler, sein älterer Bruder Emil (18431928) erfand - wie der Vater ebenfalls Chemiker von Beruf - zusammen mit diesem eine Möglichkeit, Rübenmelasse mithilfe von Strontianits zu entzuckern. Um daraus Kapital erwirtschaften zu können, wurde 1871 eine Aktiengesellschaft gegründet, die Dessauer Aktien Zucker-Raffinerie. Der kaiserliche deutsche Staat begünstigte diese Gründung mit 240.000 Mark, ein Jahr später wurde in der Dessauer Fabrik mit der Produktion mit ca. 100 Frauen und Männern begonnen. 1895 waren es schon 1000 Beschäftigte und das Gründungskapital war auf 2,4 Millionen Mark angestiegen. Die so erfolgreich produzierende AG wurde in eine GmbH umgewandelt und um die Jahrhundertwende entstanden neben in dem bis dahin ausschließlich der Zuckerfabrik dienenden Betrieb weitere chemische Abteilungen. Unter anderem wurde jetzt Cyankali und Glyzerin hergestellt, das bereits im Ersten Weltkrieg für die kriegswichtige Sprengstoffindustrie essentiell war.

 

 

 

 

Um 1900 gab Prof. Ernst Philipp Fleischer den Bau einer überdimensionierten Villa Atelier und Gemäldegalerie inklusive in der Ismaninger Straße 109 in Auftrag. Doch der Historienmaler übernahm sich und die Bauarbeiten wurden aufgrund von Geldmangel 1910 eingestellt, stehenblieb eine gigantische Bauruine. Zwei Jahre zuvor war Fleischers Ehe mit Elise Hermine Charlotte Bartels wegen »Ehebruchs mit der früheren Modellsteherin Maria Reitmaier« geschieden worden. Wenige Monate danach heiratete er 1908 Amalie Agnes Elise Baerwinkel geb. Lene. Die Ehe hielt bis 1921. 1911 ging Fleischer nach Wiesbaden, wo er 1927 verstarb.

 

 

 

 

Literatur:

Hunger, Hans: Zyklon B. Die produktion in Desau und der Missbrauch durch die deutschen Faschisten,  Norderstedt 2016.

https://www.gdch.de/fileadmin/downloads/Netzwerk_und_Strukturen/Fachgruppen/Geschichte_der_Chemie/Mitteilungen_Band_18/2005-18-12.pdf

 

 

Abbildungen:

oben: Prof. Ernst Philipp Fleischer, um 1910. Quelle: Stadtarchiv München, Sign. DE-1992-FS-PER-F-0165-01

unten: »Schichtwechsel beim Bau des Gotthards-Tunnels«, Gemälde von Ernst Philipp Fleischer, 1886.