Julius, Luise und Bruno Kaufmann

 

Julius Kaufmann, geb. 1855 (Foto links oben), lebte mit seiner Ehefrau Luise, geb. Beer, seit 1901 in München in der Möhlstraße 21. Julius Kaufmann war Bankdirektor der Kriegskreditbank und zeitweiliger Geschäftsführer der Deutschen Lichtindustrie GmbH in München. Das lutherisch-evangelische Ehepaar Kaufmann hatte zwei Kinder, von denen die Tochter Erna Alice, die in kinderlos gebliebener Ehe mit dem Oberarzt am Städtischen Krankenhaus in München-Schwabing Prof. Dr. med. Walther Brasch verheiratet war, am 12. November 1919 in München verstarb. Der Sohn Bruno Kaufmann (Foto rechts oben), geboren am 26. April 1884 in Cottbus, hatte in München an der Technischen Hochschule studiert und übte den Beruf eines Kfz-Sachverständigen aus. Er war in erster Ehe seit 1916 mit Anna Selmayr, geb. Holste, verheiratet. die kinderlose Ehe wurde 1918 geschieden. Seit 1921 war Bruno Kaufmann mit Gertrud, geb. Wolfram, verheiratet. Sie wohnten im Haus der Familie in der Möhlstraße 21. Sie trennten sich 1931.

1935 traten die deutschen »Rassengesetze« in Kraft. Damit wurden die Kaufmanns als »Juden« definiert und verfolgt. Zunächst wurden die Aktien von Julius Kaufmanns Bank geraubt. Julius Kaufmann durfte auch seinen Beruf nicht mehr ausüben. Mit der »Arisierung«, das heißt dem Raub des Wohnhauses am 1. Februar 1938 ging das Haus mit Grundstück an den freiherrlich Leonrod'schen Familienfideikommiss über. Luise Kaufmann – es ist keine Fotografie von ihr erhalten – und ihr Mann wurden gezwungen, ihre Wohnung in der Möhlstraße 21 zu räumen, was im April 1938 geschah. Das geraubte Haus wurde 1938 nach dem Erwerb von Wilhelm Karl Ludwig August Freiherr von Leonrod und seiner Ehefrau Clara bewohnt. Von nun an musste die gedemütigte und entwurzelte Familie ein halbes Jahr lang in der  Pension »International« in der Kaulbachstraße 35 (Maxvorstadt) und seit Mitte November 1938 in der Jakob-Klar-Straße 7/1 (Schwabing-West), wo bereits seit Herbst 1937 der Sohn Bruno wohnte, unterkommen. Die Kaufmanns hatten praktisch alle »Freunde« – vor allem aus dem kirchlichen Umfeld, das ihnen sehr wichtig war – verloren.

Das entrechtete Ehepaar Kaufmann verübte unter diesen Umständen gemeinsam mit seinem Sohn Bruno am 31. Oktober 1940 Selbstmord durch Gasvergiftung. Sie sahen keinen anderen Ausweg, um der drohenden Trennung, den permanenten Demütigungen und der Deportation zu entgehen.

 

 

 

 

Literatur und Abbildungen oben:

Wolfram P. Kastner: auf einmal da waren sie weg ... Zur Erinnerung an Münchner Juden - ein Beispiel, das zur Nachahmung anregen könnte, München 2004, S. 118-121.