Lorenz Seidl (17881880)

 

Einer der typischen »Loambarone« des Münchner Nordostens, die Anfang des 19. Jahrhunderts ihr Glück mit der Ziegeleiproduktion machten, war Lorenz Seidl. Aus Sachsenkamm in Bad Tölz stammend, verdiente sich der gelernte Hufschmied 1804 sein erstes Geld als Schmiedgeselle in Bogenhausen. Der »Schmiedlenz« erwarb sich außerdem eine kleine Landwirtschaft »Am Priel 4«. Mit dem Gewinn aus dem Verkauf der noch nicht lange hier einheimischen Kartoffel konnte er schließlich vom »Küchelmayrbauern« (Franz Kaffl, Bogenhausen Hausnummer 4) eine Ziegelei mit sieben Hektar Ziegelgründen erwerben. Später erwarb er noch mit Hilfe der Mitgift seiner ersten Frau weitere Ziegelhöfe in Ramersdorf, auf den »Lüften«, die Ziegelei am Priel wurde verpachtet.

 

Seidl war dreimal verheiratet, aus diesen Ehen gingen insgesamt 24 eheliche Kinder hervor, die nichtehelichen Kinder lassen sich nicht genau benennen. 12 Kinder haben das Kindesalter überlebt.

 

Mit der Eingemeindung von Ramersdorf im Jahre 1864 wurde er Münchner Bürger, 1878 zum Ehrenbürger ernannt. Am 18. Januar 1880 wurde er auf dem Ramersdorfer Friedhof beerdigt. 

 

Der Bauer und Ziegelunternehmer Lorenz Seidl war eine imposante Persönlichkeit was unschwer auf der Fotografie um 1860 zu erkennen ist. So recht wohl scheint er sich aber im teuren Anzug und in der vom Fotografen als standestypisch ausgesuchten großbürgerlichen Kulisse nicht zu fühlen dem Betrachter vermittelt er eher den Eindruck, als ob er lieber aufspringen und zu seinem Tagesgeschäft gehen wollte ... Die Hebamme Walburga Lidlin, eine uneheliche Tochter von Lorenz Seidl, charakterisierte den »Schmiedlenz« so:

 

»Die Leut werden dir erzählen, der Schmiedlenz hätt's mit dem Teufel oder er ist mit einer Glückshaut geboren, hör nicht drauf! Sind alles Neidhammeln oder Abergläubische. Glück hat er gehabt, ja, aber damit allein ist's auch nicht getan. Fleißig ist er halt gewesen und tüchtig und ist's heut noch. Hart ist er und grob, das sagen sie auch. Dirndl, jetzt sag ich dir was: Ein Leben lang hab ich mit ihm geschuftet, viel verlangt hat er von seine Leut, das ist wahr. Aber von sich selbst am meisten. Er hat meiner Seel! nie eines von seinen Kindern geschlagen, auch sein Weib nicht. Dabei war die Katharina Mauerstetterin ein rechtes Hauskreuz! Der Schmiedlenz hat sie sich nicht selber aussuchen können. Ist halt auch ums Geld gegangen.« 

 

Seidl nutzte die Gunst der Stunde einer guten Kartoffelernte, wirtschaftete solide und fleißig. Beflügelt durch den allgemeinen Bau- und Ziegelboom der Zeit und ausgestattet mit einem gewichtigen Auftreten, einem gesunden Selbstbewusstsein und einer nicht zu unterschätzenden Risikobereitschaft, gelang Seidl der soziale und wirtschaftliche Aufstieg. Frauen trugen nicht unerheblich dazu bei, durch ihre Mitgift, ihre Arbeitskraft und ihre Fruchtbarkeit. Kinderreichtum zählte bei den »Loambaronen« viel, er zeugte nicht nur von männlicher Potenz, sondern sicherte auch Arbeitskräfte, bedeutete Geschäftsabsicherung und Lebensversicherung. Die ersten beiden Frauen Seidls starben letztendlich an der Vielzahl der Schwangerschaften, der letzten Ehefrau, Anna Brandner, bot sich hingegen die Chance zur Emanzipation. Sie nahm den Alltag des  Zieglergeschäfts fest in die Hand und verkörperte aufs Beste das, was man im Königreich Bayern eine »Ziegelmeisters- und Ökonomiebesitzersgattin« nannte. Die zunächst unehelich geborene Tochter Anna Maria (Lorenz Seidl ist zum Zeitpunkt ihrer Geburt noch mit Krescentia Brandner, der Schwester ihrer Mutter Anna verheiratet) heiratete den reichen Hanslmarterbauern aus Bogenhausen, Josef Selmayr. Mit einer Mitgift von 3000 Gulden ermöglicht sie ihrem Bräutigam 1849 die Übernahme des Hofes durch  Auszahlen seiner Geschwister.

 

Die letzten Worte des Lorenz Seidl sollen gelautet haben: »Dene hab i's zoagt, gell?«

 

 

>> mehr zu den »Loambaronen« des Münchner Nordostens

 

 

 

 

Literatur:

 

Abbildungen: