1888 erwarben der Tafernwirt von Oberföhring, Josef Schmid und seine Ehefrau Katharina, den stattlichen, auf einem Eckgrundstück stehenden Vorstadtgasthof um 35.000 Mark. Sie betrieben den "Bogenhauser Hof" bis 1896. Im Zuge eines neuen Gesuches um eine Konzession erfährt man über die damaligen Zustände Folgendes: "Der Frauenabort ist nur durch eine 1,80 Meter hohe Wand vom Herrenabort getrennt und oben offen. Es gab je einen Sitz für Männer und Frauen, eine Wasserspülung ist nicht vorhanden."

 

Die Gaststätte zeigte weitere erhebliche Abweichungen zu den vorgeschriebenen Bestimmungen, betreffend die Gasträume, die Aborte, den "Pißraum" und den Keller. Dem neuen Pächter machte man mehrere Auflagen. So sollte der direkte Einblick in den "Pißort" von der Straße aus durch eine neue Schutzwand verhindert werden. Der "Pißort" war etwa 4 1/2 Quadratmeter groß, die "Pißrinne" hatte eine Länge von 6 Metern und die Höhe der wasserdichten Zementwand (diese war mit besonderer Farbe angestrichen), maß 1,38 Meter. Wie schon bei den Aborten gab es auch hier keine Wasserspülung. Als Auflage sollte die neue Zementwand einen 2 1/2 Meter hohen Ölanstrich erhalten und es sollte eine Wasserspülung eingerichtet werden. Zudem sollte die Zwischenwand von Herren- und Damenabort bis zur Decke fortgesetzt werden.

 

Laut Kataster von 1915 gehörte zur Wirtschaft ein Wirtsgarten mit zwei Trinkhallen und im Keller befand sich neben dem Eiskeller ein Schlachthaus. Michael und Franziska Moosburger kauften den Besitz 1899 um 112.000 Mark von Josef Schmid. Bis zu seinem Tode im Jahr 1926 blieb Michael Moosburger Wirt in der Schankwirtschaft zum "Bogenhauser Hof". Sein Nachfolger, der Metzger und Schankkellner Johann Baumberger (er arbeitete schon seit 25 Jahren im Betrieb), musste als neuer Pächter wiederum Auflagen für seine Konzession erfüllen. Die Abortanlage, die sich nicht einmal im Haus befand, war immer noch sehr primitiv. Zudem benutzten diese Toiletten auch die Bewohner der Rückgebäude. Die Besitzerin Franziska Moosburger stellte wiederholt Bitten an die Lokalbaukommission und den Stadtrat, sie von den geforderten baulichen Auflagen zu befreien. Mit Rücksicht auf die damaligen Verhältnisse wurde die Forderung, die Wirtschaftsabortanlage umzugestalten und zu verbessern, Jahr für Jahr bis auf weiteres zurückgestellt. 1935 begründete man diesen Umstand auch damit, dass früher oder später mit dem Abbruch des Anwesens gerechnet werden kann. 1936, mit einem neuen Pächterwechsel, erfolgten dann Verbesserungen durch die Bauführung der Pschorrbrauerei.

 

Als im Dezember 1926 Johann Baumberger die Erlaubnis zum Betriebe der Bierwirtschaft nebst Garten und der Befugnis zum Ausschank von Bier, Wein, Kaffee, Tee und Limonade beantragte, wurde er noch darauf aufmerksam gemacht, das ihm die Konzession entzogen werden würde, falls er nicht die erforderliche Zuverlässigkeit bewiese. Mangelnde Zuverlässigkeit konnte unter anderem sein: "Wenn er dem Trunke ergeben ist oder das Gewerbe zur Förderung der Schlemmerei und Völlerei (Übertretung der Polizeistunde, unbefugte Branntweinverleitgabe, Ausschank an Betrunkene usw.), des verbotenen Spiels, unlauterer Handelsgeschäfte (z.B. ungenügendes Einschenken) usw. missbraucht."

 

Trotz der vielen baulichen Unzulänglichkeiten früherer Zeiten blieb die Gaststätte, seit 1951 im Besitz der Pschorrbräu AG, erhalten. Der "Bogenhauser Hof" wurde 1983 und 1984 von Grund auf renoviert und erhielt ein Jahr später sogar den Fassadenpreis der Stadt München. Um so bedauerlicher ist es, dass sein direkter Nachbar, ein altes Bauernhaus und spätere Schlosserwerkstatt, dem Abriss nicht entgehen konnte. Für das Anwesen kam das erst 1973 in Bayern in Kraft tretende Denkmalschutzgesetzt wie für so viele Münchner Bauten zu spät. Im "Bogenhauser Hof" hingegen genießen nicht nur die Stadtteilanwohner das heute geradezu elegant zu nennenden Ambiente.

 

 

 

 

 

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