ehemalige »Betz'sche Gastwirtschaft«
Ismaninger Straße 105
In Bogenhausen, an der Landstraße nach Ismaning, stand auf dem Areal zwischen heutiger Händel- und Törringstraße bis zum Jahr 1921 die berühmte Gastwirtschaft »Betz«, so benannt nach ihren Besitzern Joachim und Maria Betz, geb. Grünwald. Nach deren Tod übernahm ihr ältester Sohn Lorenz Betz das Anwesen samt Metzgerei. Er ließ 1898 bis 1900 einen großen Neubau durch die Architekten Paul Pfann und Günther Blumentritt errichten – der alte Baumbestand blieb erhalten.
Schon seit der Biedermeierzeit (Tafernwirt Anton Grünwald, Bogenhausen Hausnummer 1) war die Wirtschaft ein beliebter Ausflugsort der Münchner, war es doch hier am Stadtrand im schattigen Wirtsgarten aufgrund der niedrigeren Steuern für den Bierausschank um einiges billiger, den Durst zu stillen, als in der Hauptstadt. Für den Hunger gab es in der »Betz'schen Gastwirtschaft« sogar eine Hühnerbraterei und alljährlich zur Faschingszeit fanden rauschende Bälle statt. In der wärmeren Jahreszeit wurde in den Mai getanzt und Sommerfeste veranstaltet.
um 1840
1903
Als besondere Attraktion im »Betz'schen« Wirtsgarten galt ein Holzkarussell, das um 1820 in einem feststehenden, schindelgedeckten, zwölfeckigen Holzpavillon im Biergarten aufgestellt wurde. Es bestand aus einer ebenerdigen Plattform, auf der fünf Kutschen ziehenden Holzpferde sowie Dromedar, Steinbock und Widder befestigt waren. Angeschoben wurde das Karussell von einem darunter liegenden Keller aus von Hand. Nach Abriss des Karussells um 1920 kamen Figuren und Wagen ins Münchner Stadtmuseum. Soweit dort bekannt, handelt es sich um die weltweit ältesten erhaltenen Teile eines volkstümlichen Karussells.
Auch einen offenen Tanzpavillon hat es bereits in der Biedermeierzeit im Wirtsgarten gegeben. Er ist ganz rechts im Gemälde »Schönen Bogenhauserin« von Georg Wilhelm Wanderer (1803–1863) zu sehen.
Ein weiteres Kleinod aus der ehemaligen »Betz'schen Gastwirtschaft« kann noch heute in Au bei Bad Aibling besichtigt werden: die Barockkrippe von Gastwirt Joachim Betz (1821–1892). Die Auer stellen die mit vier Bildern wechselnde Krippe jedes Jahr vom ersten Advent bis zum Aschermittwoch aus. Mehr zur Historie der Krippe
>> mehr zur Historie der »Betz'schen Gastwirtschaft«
>> zum Überblick »Gastswirtschaften« im Münchner Nordosten
Abbildungen von oben nach unten:
Die Tafernwirtschaft Grünwald von der Törringstraße aus zu sehen. Aquarell um 1840, vermutlich vom russischen Maler Josef Puschkin. Links im Hintergrund das Wohnhaus des Direktors der königlichen Sternwarte.
Bogenhauser Tafernwirtschaft von Anton Gründwald (später Lorenz Betz), Hausnummer 1, Blick von der Ismaninger Landstraße aus, um 1840. Rechts verläuft die Törringstraße.
Der Neubau der »Betz'sche Gastwirtschaft« von der Törringstraße aus gesehen, um 1903. Links ist das Restgebäude der ehemaligen Grünwald-Gaststätte (dann Metzgerei) zu sehen, dahinter die Häuser der Ismaninger Straße. An der Vorderfront ist als Wandmalerei ein Münchner Kindl als schmuckes Wirtshausschild angebracht. (Evtl. von Franz Ringer?) Scan aus: Blätter für Architektur und Kunsthandwerk, Tafel 105, Berlin 1903.
Pferd und Wagen des Betz'schen Karussells, um 1900. Nach Auflassen der Wirtschaft 1921 wurden die Figuren an das Münchner Stadtmuseum gegeben und sind dort zu besichtigen. © Stadtarchiv München, Sammlung Karl Valentin, Sign. DE-1992-FS-NL-KV-0909
Postkarte »München. Tanzboden der Betz'schen Gastwirtschaft in Bogenhausen«, Rückseite: Anlässlich der 41. Wanderversammlung des Verbandes Deutscher Architekten- und Ingenieur-Vereine München 1912, Altmünchner Bauten, Serie II, Nr. 17.
»Schöne Bogenhauserin«, Alt-Münchner Kellnerin in der Grünwald-Betz'schen Wirtschaft, Gemälde von Georg Wilhelm Wanderer, 1841. Im Hintergrund der Turm von St. Georg und die Frauenkirche (perspektivisch nicht korrekt), rechts der Tanzpavillon.