Die »Fleischer-Villa«
Nach dem Tod von Montgelas (1838) wurde sein Anwesen an der heutigen Ismaninger Straße 109 an Herzog Max in Bayern veräußert. Der herzoglichen Familie war es jedoch nur bis zur Jahrhundertwende möglich, den Park zu halten. Die Absicht, hier den Münchner Tierpark anzulegen, ließ sich nicht verwirklichen, da die Stadt damals die erforderlichen Mittel nicht aufbringen konnte. Schloss und Nebengebäude verfielen.
Schließlich erwarb das 2,38 Hektar große Grundstück um 1900 der Maler Prof. Ernst Philipp Fleischer zur Errichtung eines Wohn- und Gesellschaftshauses, inklusive Gemäldegalerie und Atelier. Während andere Münchner Künstlerhäuser oft eine Zwischenstellung zwischen Herrschafts- und Wohnbauten einnahmen (wie etwa die Villa »Lindenhof« oder die Stuck-Villa), beauftragte Fleischer die Baufirma Heilmann & Littmann mit der Errichtung eines pompösen, barockisierenden Schlossbaus von 86 mal 21 Metern Grundgröße auf dem stattlichen Parkgelände. Eine Freitreppenanlage und überkuppelte Mittel- und Seitenrisalite wiesen das frei ins Grundstück gesetzte, langgestreckte Gebäude als aristokratische Wohnanlage aus und vermittelten den Anspruch des Künstlers, an der Spitze der gesellschaftlichen Rangfolge zu stehen. Anders als auch beim Lenbachhaus, wo Künstlertum und hohe soziale Stellung als Einheit präsentiert wurden, überwog bei Fleischers Schloss aber die Hervorhebung der gesellschaftlichen Einordnung. Das Atelier war dementsprechend, als solches nicht erkennbar, seitlich vom Hauptgebäude in einem Pavillon untergebracht und erschien nur als effektvolle architektonische Beigabe zum Haupthaus.
Perspektivischer Plan der Fleischer-Villa 1908
Die geplante »Fleischer-Villa« 1908 im Karree von
Törring-Straße (westlich), Ismaninger Straße (südlich) und Montgelasstraße (nördlich)
Weiterer Entwurf für die »Villa Fleischer«, 1908
Die Pläne für das Riesenprojekt kamen von Architekt Franz Zell im Frühjahr 1909, doch schon ein Jahr später - der Monumentalbau mit seiner kostspieligen Sandsteinfassade war noch nicht einmal im Rohbau fertig -, wurden die Baumaßnahmen aufgrund finanzieller Schwierigkeiten eingestellt. Der Eigentümer hatte sowohl seine künstlerische Karriere als auch den Erfolg als Farbenfabrikant offensichtlich falsch eingeschätzt. Es wurde nichts daraus, dass man hoch zu Ross durch Aufschüttung beim Haupteingang in den ersten Stock reiten kann ... Man versuchte erfolglos, den Rohbau zu verkaufen, aber das Objekt war für alle Zwecke zu überdimensioniert. Auch der Plan, das Gebäude abzureißen und auf dem Areal 30 Villen zu errichten scheiterte. Zurück blieb die Bogenhausener Schlossruine.
ca. 1915
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Literatur:
Karl, Willibald: Bogenhausen. Vom bäuerlichen Pfarrdorf zum nobeln Stadtteil, München 1992.
»Die Prinzregentenzeit«, Ausstellungskatalog Münchner Stadtmuseum, hrsg. von Norbert Götz, München 1988.
Abbildungen:
Villa Fleischer, später Reichsfinanzhof, im Rohbau, von der Montgelasstraße aus gesehen. Fotografie Georg Pettendorfer, 1912. © Stadtarchiv München, Sammlung Valentin, Sign. DE-1992-FS-NL-PETT1-1375
Perspektivische Skizze der geplanten Villa für Fleischer aus dem Büro Heilmann & Littmann, 1908; Quelle: Technische Hochschule München. Im Vorderteil der Skizze verläuft die Montgelasstraße.
»Studie eines Neubaus für Herrn Prof. Fleischer an der Montgelasstraße in München, 20. November 1908, Büro Heilmann & Littmann«. Quelle: Technische Hochschule München
Weiterer Entwurf aus dem Büro Heilmann & Littmann zur Fleischer-Villa, 11. November 1908; Quelle: Technische Hochschule München. Schön zu sehen das große Areal der Betz'schen Gastwirtschaft und der 1905 erbauten Kaffl-Villa (Händelstraße) westliche der Törringstraße.
Aufriss Schloss Professor Ernst Philipp Fleischer, Pause auf Papier, Bez. rechts unten: München, den 24. April 1909, Heilmann und Littmann. Quelle; StadtAM, LBK 4553.
Westseite der »Fleischer-Villa« im Bau und die Metzgerei der »Betz'schen Gastwirtschaft« (links) an der Ismaninger Straße 105, ca. 1915. © Stadtarchiv München, Sammlung Valentin, Sign. DE-1992-FS-NL-KV-0748