Installation "17 KOFFER WEISS"

Siebertstraße 2

 

Am 19. November 2004 errichteten der Aktionskünstler Wolfram P. Kastner (* 1947 in München) und Peter Weismann vor dem Hildebrandhaus in Bogenhausen eine Installation mit siebzehn weißen Koffern, zur Erinnerung an die 1941 im litauischen Kaunas ermordeten Elisabeth und Rosa Braun, den Besitzern der Villa von 1935 bis 1941, sowie an die fünfzehn Bewohner, denen sie zwischen 1937 und 1941 in ihrem Haus Zuflucht gewährt hatten. Parallel dazu setzte die Ausstellung "Auf einmal da waren sie weg ..." ein weiteres Zeichen gegen Ausgrenzung und Vergessen jüdischer Mitmenschen im Stadtteil Bogenhausen während des "Dritten Reichs." Die Installation war bis zum 27. Januar 2005, dem Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz, in der Siebertstraße 2 zu sehen.

 

"17 KOFFER WEISS" wollte kein Beitrag zur institutionalisierten Gedenk- und Mahnmalkultur sein, wollte nicht dokumentieren und "aufarbeiten", sondern als Kunst im öffentlichen Raum die Geschehnisse an ihrem konkreten geschichtlichen Ort thematisieren, ihre Bezüge zu heute wahrnehmbar machen und Auseinandersetzung provozieren. Das zuständige Baureferat der Stadt München hat den Anfang August 2004 gestellten Antrag auf Genehmigung von "17 KOFFER WEISS" im übrigen nicht beschieden. Der Bezirksausschuss 13 Bogenhausen befürwortete die Installation.

 

Die Koffer der Installation wurden von den Künstlern ohne bestimmten Zeitbezug ausgewählt, transparent weiß gefasst, mit Gips gefüllt und zu einer Skulptur arrangiert. Durch diese Verfremdung gewannen sie Symbolcharakter. Eine weiße Linie auf der Siebertstraße zeigte in Richtung Kaunas (Litauen). Elisabeth Braun, Rosa Braun, Lilly Rosenthal, Käthe Singer, Franziska Schmikler und Maria Schmikler wurden am 20. November 1941 dorthin deportiert und am 25. November 1941 ermordet. Die Vertreibung der Bewohner aus dem Hildebrandhaus während des "Dritten Reiches", endete mit dem Tod aller. Keiner hat den Holocaust überlebt.

 

Simon Schmikler starb am 3.10.1941 (wahrscheinlich Selbstmord)

Getti Neumann, gestorben am 21.11.1941, Selbstmord

Charlotte Carney, geb. Lewin, ermordet am 30.4.1943 in Auschwitz

Valerie Theumann am 3.7.1942 nach Theresienstadt deportiert, in Treblinka ermordet

Helene Sulzbacher, am 14.9.1942 nach Theresienstadt deportiert, in Auschwitz ermordet

Heinemann Edelstein, am 1.7.1942 nach Theresienstadt deportiert, dort am 10.6.1944 ermordet

Jeanette Edelstein, am 1.7.1972 nach Theresienstadt deportiert, dort am 6.2.1943 ermordet

Victor Behrend am 4.4.1942 deportiert

Albert Marx

Sophie Marx, am 15.7.1942 nach Theresienstadt deportiert, in Auschwitz ermordet

Klara Rosenfeld, am 10.6.1942 nach Theresienstadt deportiert, am 24.3.1943 ermordet

 

Auf siebzehn Koffer war das Hab und Gut der Opfer aus der Maria-Theresia-Straße 23 reduziert worden, bevor sie gewaltsam auf die Reise ohne Wiederkehr gezwungen wurden. Von den ermordeten Menschen blieb kaum eine Spur, aber die weitverzweigten Spuren ihres enteigneten Hab und Gutes lassen sich bis in die Gegenwart verfolgen und sichtbar machen. "17 KOFFER WEISS" war ein Beitrag, das Vergessene und Verdrängte aufzuspüren.

 

 

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Literaturquelle: www.hagalil.com/archiv/2004/11/kastner.htm

Foto: Installation "17 KOFFER WEISS" von Wolfram P. Kastner und Peter Weismann, 2004, vor dem Hildebrandhaus, Siebertstraße 2. Quelle: s.o.