Die Schule an der Knappertsbuschstraße

In der „Volksschule an der Fideliostraße“, so wurde sie im Kostenvoranschlag vom Februar 1965 bezeichnet, begann am 11.9.1968 der Unterricht für das erste Schuljahr. Der Architekt Alfred Kunz erstellte im Mai 1967 die Baupläne für den Verwaltungsbau, die zwei Turnhallen und die zwei Klassentrakte für insgesamt 18 Klassen. Die Häuser sind durch erdgeschossige Bauten miteinander verbunden. Erstellt wurden die Gebäude, die nur zum Teil unterkellert sind, in Fertigbauweise. Die Gesamtkosten für den Bau und die Einrichtung beliefen sich laut Kostenvoranschlag auf 6 290 000 DM, wovon ca. 80 000 DM für die künstlerische Ausgestaltung angesetzt waren.

 

Genau genommen befinden sich auf dem Schulgelände zwei Schulen mit je einer eigenen Schulleitung: die Grundschule und die seit September 2011 als Mittelschule geführte frühere Hauptschule. Offiziell heißen sie „Grundschule an der Knappertsbuschstraße“ und „Mittelschule an der Knappertsbuschstraße“. Im Jahre 1970 wurden in den Schulgebäuden an der Knappertsbuschstraße 205 Grundschüler, verteilt auf sechs Klassen und 413 Hauptschüler, verteilt auf zwölf Klassen, unterrichtet. Vier Klassen der Grundschule waren in der Schulanlage an der Ostpreußenstraße, und vier Klassen der Hauptschule mit 162 Schülern waren in der Schulanlage an der Oberföhringer Straße ausgelagert. Daher wurde der schon geplante Erweiterungsbau mit weiteren 8 Klassenzimmern, vorgesehen für 280 Schüler, mit Beschluss des Stadtrates im Jahre 1970 in Auftrag gegeben. In diesem dritten Klassenriegel befindet sich heute die Grundschule. Die Gesamtkosten für die Erweiterung betrugen 1 562 500 DM. 

 

In alten Plänen war gegenüber der Schule noch eine katholische Kirche mit Pfarrhof und Kindertagesstätte vorgesehen. Der Kirchenbau wurde nie verwirklicht. Die Bauanfrage für eine russisch-orthodoxe Kirche durch die „Thon-Stiftung“ im Jahre 2010 wurde auch nicht weiter verfolgt. 

 

Namensgeber für die „Knappertsbuschschule“, wie sie umgangssprachlich genannt wird, war der Dirigent Hans Knappertsbusch (18881965). Er kam im Jahre 1922 als Nachfolger von Bruno Walter als Generalmusikdirektor an die Münchner Staatsoper. Bekanntheit erhielt Hans Knappertsbusch im April 1933 als Initiator des offenen Briefes „Protest der Richard-Wagner-Stadt München“, durch den der Schriftsteller Thomas Mann ins Exil gezwungen wurde. Auslöser war ein Vortrag, den Thomas Mann am 10. Februar 1933, anlässlich des 50. Todestages von Wagner gehalten hatte. In dem Vortrag mit dem Titel „Leiden und Größe Richard Wagners“ sprach er von dessen „Musik einer beladenen Seele ohne tänzerischen Schwung“. In einem Rundschreiben vom 3. April 1933 schrieb Knappertsbusch:

 

„Euer Hochwohlgeboren! Herr Thomas Mann hat das Wagner-Jahr dazu benützt, um in einem zu Amsterdam gehaltenen Vortrag ein deutsches Genie, den größten Musikdramatiker aller Zeiten, zu verunglimpfen. Wie jeder produktive und reproduktive Musiker bin ich zwar an mitunter sehr seltsame Kunsturteile gewöhnt und darin geübt, sie zu ignorieren. Hier scheint mir aber Stillschweigen nicht am Platze zu sein. … Ich habe zunächst einem kleinen Kreise von Gleichgesinnten, den Herren Professor Dr. Hans Pfitzner, Verlagsdirektor Wilhelm Leupold und Chefredakteur Adolf Schiedt von der Münchener Zeitung, Generalintendant Frhr. Clemens von Frankenstein und Staatstheaterdirektor Dr. Arthur Bauckner, die Veröffentlichung des anliegenden Protestes vorgeschlagen und volle Zustimmung gefunden. Um der Kundgebung eine breite Basis zu geben, möchte ich mich nunmehr beehren, auch Euer Hochwohlgeboren anheimzustellen, Ihre Unterschrift unter den Protest zu setzen. ...“

 

Der Protest wurde in den Münchner Neuesten Nachrichten am 16./17.41933 veröffentlicht. Mit den Worten: „Nachdem die nationale Erhebung Deutschlands festes Gefüge angenommen hat, kann es nicht mehr als Ablenkung empfunden werden, wenn wir uns an die Öffentlichkeit wenden, um das Andenken an den großen deutschen Meister Richard Wagner vor Verunglimpfung zu schützen.“ fing der Artikel an. Unterschrieben war dieser „Protest“ von 45 prominenten Künstlern, Professoren und Politikern, unter anderem von Richard Strauss (Komponist), Bernhard Bleeker (Bildhauer), Olaf Gulbransson (Maler), Karl Fiehler (Politiker, NSDAP, Bürgermeister von München), Josef Pschorr (Unternehmer), Adolf Wagner (Politiker, NSDAP), um nur ein paar zu nennen. Knappertsbusch soll nachträglich sein Vorgehen bedauert haben. Auch er litt später unter der Willkür der NS-Machthaber. 1936 wird er seiner Ämter enthoben bzw. zum Rücktritt gezwungen. Im gleichen Jahr übernahm er die kommissarische Leitung der Wiener Staatsoper. Nach dem Krieg belegte ihn die amerikanische Militärregierung mit einem Dirigierverbot, das aber nach einem Jahr wieder aufgehoben wurde. Danach arbeitete er nur noch als Gastdirigent. Im Jahre 1963 wurde er Ehrenbürger der Stadt München. Er starb 1965 und ist auf dem alten Bogenhausener Friedhof begraben.

 

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Text und Aquarell "Die Vogel-Skulptur vor der Schule an der Knappertsbuschstraße", aus: Karin Bernst, Ein Spaziergang durch den Münchner Nordosten, Kalender 2012, München 2012.