Pfarrhaus von St. Georg

Neuberghauser Straße 9

 

Das Pfarrgebäude der Bogenhausener Pfarrkirche St. Georg, ein barocker Satteldachbau, wurde um 1705 errichtet. In den alten Akten des königlich bayerischen Landgerichts München befinden sich aus dem Jahr 1813 Beschreibungen zu den Stiftungsbauten im Isarkreis. Zirka zehn Jahre nach der Säkularisation erging ein Aufruf vom Landgericht an die Gemeinden, um sich Auskünfte über die jeweiligen Kirchen- und Pfründegebäude, Stiftungen und Ein- und Ausgaben der Pfarreien einzuholen. Der Pfarrherr von Bogenhausen, Pfarrer Hallmayer, beschrieb damals das Pfarrhaus und die Nebengebäude wie folgt:

 

»Das Pfarrhaus zu Bogenhausen ist gemauert und mit Hacken und Preisen gedeckt. Es enthält zu ebener Erde 1 Gesindestube, Küche, Speisgewölb, 1 Zimmer für H. Provisor und Kammer für Mägde. Über 1 Stiege sind 5 Zimmer, über 2 Stiegen Getreidkasten. An das Pfarrhaus stößt gegen Westen ein Hühnerstall auch gemauert und mit Schindeln gedeckt, dann ein kleines Wurz- und Obstgärtchen. Gegen Nord stößt an das Pfarrhaus ein gemauerter Pferdestall mit Knechtkammer, und oben die Heuremis gedeckt mit Schindeln. Weiter gegen Nord ist der Kuhstall, Sadl und eine Wagenremis alles gemauert unter einem Dach mit Schindel gedeckt. Dann gegen Osten noch ein kleiner Stall mit einer Holzschupfe, die mit Brettern gedeckt. Das Backhaus ist aber gemauert und mit Hacken und Preis gedeckt. Da die neueste Schätzung der Pfarrgebäude mir selbst nicht bekannt ist, muß ich bitten, daß dieselbe vom k. Landgericht eingetragen wird. Reparaturen sind alle Jahre notwendig.«

 

Au die Frage, welche Pfarrgebäude entbehrlich sein dürfte, antwortete Hallmayer: keines.

 

Zu jeder Pfarrei gehörte damals ein »Widdum«, das waren gestiftete Anwesen und/oder Gründe, die dem wirtschaftlichen Unterhalt des jeweiligen Pfarrers dienten. Dieser war normalerweise für den Erhalt der Pfarrgebäude zuständig. Der Bogenhausener Pfarrer Michael Lampert beschrieb im Jahre 1865 rückblickend unter anderem den Zustand des Pfarrwiddums: Als sich der kränkelnde Pfarrer Christoph Bader 1666 in den schon verfallenen Gebäuden aus Bequemlichkeit einen Ofen ins Schlafzimmer hatte setzen lassen, wurde das beanstandet, da Öfen in die Stuben gehörten, aber nicht in die Kammer. Nach der Beschreibung schien der Pfarrhof mit seinen Ökonomiegebäuden immer ruinöser zu werden. Sein Nachfolger Johannes Möckhinger erhielt zwar von der geistlichen Regierung die Erlaubnis, au seine Kosten die Gebäude herrichten zu lassen, dieser lehnte aber schließlich ab. Ein Hilfspriester unter den beiden Pfarrern wohnte damals in einem Verschlag in der unteren Stube. Als 1693 Michael Widmann die Pfarre übernahm, wurden die Gebäude für irreparabel erklärt. Es ließ sich in ihnen ohne Lebensgefahr nicht mehr wohnen »indem ein Windstoß es über den Haufen werfen könnte.« Mit Unterstützung von kirchlichen Stiftungen und au eigene Kosten konnte Pfarrer Widmann im Jahre 1702 mit dem Neubau beginnen. 1705 war die Herstellung aller Gebäude, Haus, Pferdestall und Stadel mit einem Kostenaufwand von 2916 Gulden beendet. Doch schon 50 Jahre später waren die Pfründegebäude wieder so heruntergekommen, dass man sie für 2109 Gulden renovieren musste. Als Pfarrer Kaspar Hallmayer, der sich in seiner Amtszeit eine Ziegelei anlegte, 1819 starb, soll sich das Widdum in ökonomischer Hinsicht in einem chaotischen Zustand befunden haben. Im Jahr 1839 benötigte man laut Baufallschätzung 3235 Gulden für die Instandsetzung der Pfründegebäude.

 

Seit dem 16. Juni 1941 bewohnte Jesuitenpater Alfred Delp, eine der zentralen Persönlichkeiten des konservativen, christlichen Widerstandes gegen den Nationalsozialismus bis zu seiner Verhaftung das Pfarrhaus.

 

Da St. Georg seit 1934 nicht mehr Pfarrkirche von Bogenhausen ist, befindet sich das zuständige Pfarramt auch nicht mehr im Pfarrwiddum sondern im zuständigen Pfarramt der Pfarrkirche Heilig Blut in der Scheinerstraße 12.

 

 

 

 

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Textquelle:

Karin Bernst, Das Pfarrhaus von St. Georg in Bogenhausen, in: Ein Spaziergang durch den Münchner Nordosten, Kalender für das Jahr 2010, hrsg. vom Verein für Stadtteilkultur im Münchner Nordosten

 

Abbildungen:

oben: Postkarte Kirche St. Georg und Pfarrhaus, gelaufen 20.4.1915 © Privatsammlung

unten: Postkarte von St. Georg mit Pfarrwiddum, gelaufen 1955; noch steht das 1981 von Klaus Backmund hier erschaffene Denkmal für Pater Delp nicht  © Privatsammlung