Josef Selmayr, jr. (18511909)

 

Als einer von zwei Söhnen des Bogenhauser Ziegeleibesitzers Josef Selmayr sen. und dessen 17 Jahre jüngeren Ehefrau Anna Maria, geb. Seidl (18301896), wurde Josef jr. im Jahr 1851 auf dem Hanslmarterhof in Bogenhausen geboren. Er war bis zur Eingemeindung Bogenhausens in die Landeshauptstadt München im Jahr 1892 Bürgermeister der Gemeinde Bogenhausen. Außerdem war er seit 1880 Landrat von Oberbayern und Gemeindebevollmächtigter der Haupt- und Residenzstadt München und trug seit 1903 den Titel eines königlich-bayerischen Kommerzienrats. Geehrt für sein Wirken wurde der Unternehmer mit der Prinzregent-Luitpold-Medaille in Silber. Joseph Selmayr jr. verstarb am 19. Mai 1909 in München und ist im Familiengrab der Selmayrs auf dem Friedhof von St. Georg (Südwand der Kirche) begraben.

 

Der Bogenhauser Ziegeleibesitz seiner Familie machte die schon reichen Bauern- und Grundbesitzer zu angesehenen »Loambaronen« und so konnte Selmayr jr. an Stelle des 1886 von ihm übernommenen alten Hanselmarterhofs im Jahr 1898 eine prächtige, repräsentative Villa mit Parkanlage errichten, die sogenannte Bürgermeistervilla. Drei Jahre später baute sich Selmayr auch noch eine weitere, heute nicht mehr existierende Villa in der Möhlstraße 12.

 

Noch im Jahr der Errichtung der stattlichen Familienvilla an der Ismaninger Straße verkaufte Josef Selmayr mit 16.717 Hektar den größten Teil seines Bogenhausener Grundbesitzes östlich der Ismaninger Straße an die Heilmann & Littmann Bau- und Immobilien-Gesellschaft A.-G. Für das gesamte Areal bezahlte die Gesellschaft 4 Millionen Goldmark, etwa 24 Mark für den Quadratmeter. Dies war die höchste Summe, die die Heilmann’sche Immobiliengesellschaft jemals für ein Villenterrain aufgewendet hatte. Mit den Erträgen aus diesem und anderen Grundstücksverkäufen (zum Beispiel Weißenburgerstraße 20 in Haidhausen) erwarb Selmayr aus wirtschaftlichen Gründen das ehemals fürstbischöflich Schloss Erching (Landkreis Freising), samt 700 Hektar Grundfläche, wo die Selmayrs seit 1903 in der fünften Generation bis heute noch leben. Selmayr züchtete dort unter anderem erfolgreich veredelte Landschweine. so gesehen ist der Sohn wieder in die bäuerlichen Fußstapfen seiner Vorfahren getreten ...

 

 

Schlossgut Erching, 2008

 

 

Verheiratet war Josef Selmayr jr. mit der Haidhauserin Pauline, geborene Wagner (18581922). Sie hatten 14 Kinder miteinander. Tochter Pauline (18841960) war mit Bildhauer Heinrich Düll verheiratet, Tochter Hedwig (18911965) mit Ernst Rattenhuber, Sohn Julius wurde Architekt und war zuständig für viele Villenneubauten im Bogenhauser Priel, wo er viele Immobilien besaß. Unter anderem errichtete er hier seine eigene Villa in der Oberföhringer Straße 13.

 

 

Familie Josef Selmayr jr. 1898 in Bogenhausen:

Stehend von links: Franz, Maria, Josef, Georg, Pauline (später verheiratet mit Heinrich Düll), Julius,

sitzend von links: Hedwig, Pauline (Mutter), Fritz, Josef jr., Rosa, Emmy

 

 

Das Foto unten mit dem Ausschnitt einer Bogenhauser Jagdgesellschaft im Jahr 1904 an der Denninger Straße zeigt den für die Jahrhundertwende so charakteristischen Lebensstil der »Loambarone« im Münchner Nordosten. Man zeigte großbürgerlich-stolz was man hat und genoss das Leben. Gerne trafen sich Selmayr und seine Freunde, Gemeindeausschussmitglied Franz Kaffl (Dritter von links) und der Gastwirt Lorenz Betz, mit der übrigen Bogenhauser Prominenz in der Betz'schen Gastwirtschaft, wo sich die spöttisch als »Heiligen drei Könige von Bogenhausen« titulierten Ziegeleibesitzer in der prächtig ausgemalten »Millionärs-Trinkstube« zusammenfanden.

 

 

 

 

 

 

Literatur:

Abbildungen von oben nach unten: