Wilhelm Dieß. Ein eigener Mensch (18841957)

Herbert Feldmann

 

Er wurde am 25. Juni 1884 als Sohn eines Volksschullehrers in Bad Höhenstadt in Niederbayern geboren. In München studierte er Jura. Mit seiner Mutter wohnte er in einer Dreizimmerwohnung in der Türkenstraße, von der sie zwei Zimmer an Studenten vermietet hatten. Mit Nachhilfeunterricht und Musizieren finanzierte er sein Studium, erhielt ein Stipendium, das seine Promotion 1909 ermöglichte. Im 1. Weltkrieg diente er in einem Infanterie-Regiment  und wurde mit Auszeichnungen als Bataillons-Adjudant 1918 entlassen. Nach dem Krieg ließ er sich in München als Anwalt nieder. 1944 zog er sich auf einen kleinen Bauernhof zurück, um den Ansprüchen der Nationalsozialisten auszuweichen. Nach dem Krieg war er als Ministerialrat im Justiz- und später im Kultusministerium am Wiederaufbau Bayerns beteiligt. Er leitete den Landesverband für Heimatpflege, war Honorarprofessor für Urheber- und Erfinderrecht an der Universität München, Generaldirektor der Bayerischen Staatstheater und Mitglied der Akademie der schönen Künste. Wilhelm Dieß hatte eine Zeitlang seinen Wohnsitz in München-Denning, in der Berberstraße. Er starb 1957.

 

Wilhelm Dieß ist leider ein wenig in Vergessenheit geraten. Die ihn gekannt haben, berichten von einer Erzählkunst. Kaum hatte er sich im Kreise seiner Freunde niedergelassen, begann er zu plaudern, klar und überzeugend, Charaktere und Lebensschicksale zeichnend, zuweilen drastisch oder komisch, immer mit Verständnis für die Schwächen und Nöte der Menschen. Von seinen ersten Büchern wird berichtet, daß ein Verleger sie heimlich mitstenographieren ließ wenn Dieß in Erzähllaune war. Wilhelm Hausenstein sagte über ihn:

 

»Der Ton dieser Geschichten ist überdies von einem Wohlsein durchwärmt, das auch nur die bewährten älteren Öfen hergeben. Mit urkräftigem Behagen erzählend, zwingt dieser Mann die Herzen, wo sie am innigsten schlagen. Die Dinge und die blitzgescheiten Wahrnehmungen stehen unmittelbar auf: es ist gar nicht, als wären sie geschrieben, sie sind da.«

 

Hans Göttler hat das Werk von Wilhelm Diess in drei Bänden im Verlag Edition Töpfl neu herausgebracht.

 

 

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Zeichnung: "Wilhelm Dieß erzählt eine Geschichte", von Ernst Penzold (1892–1955)