Der "Ziegel-Clan" Pfeifer

Nicht selten spielte bei den Unternehmensgründungen von Ziegeleien in der Mitte des 19. Jahrhunderts auch die Religionszugehörigkeit eine Rolle. So waren die aus Hessen stammenden Familien Pfeifer und Flaschenträger die ersten Protestanten im ländlichen Englschalking. Mit Fleiß, Tüchtigkeit und Familienglück integrierten sie sich rasch ab 1860 in die katholisch geprägte Dorfgemeinschaft. Formen der Ausgrenzung wie sie ihnen wohl als protestantischen Familie die nicht am sonntäglich Kirchenbesuch teilnahmen auch entgegengebracht wurden, überbrückten sie mit einem besonderen Familienzusammenhalt.

 

 

Johann und Margarethe Pfeifer

Zusammen mit seinem gleichaltrigen Jugendfreund Johann Flaschenträger, beide aus Ginsheim bei Mainz stammend, wandte sich Johann Pfeifer nach seiner Militärzeit in Darmstadt 1856 der Ziegelproduktion zu. Zusammen mit Flaschenträgers Bruder Heinrich erwarben sie eine größere Ziegelei und arbeiteten partnerschaftlich zusammen. Doch nachdem die beiden fast zeitgleich geheiratet hatten, trennten sich zunächst die familiären und beruflichen Wege. Pfeifer erwarb eine Feldziegelei in Eschollbrücken (Landkreis Darmstadt-Dieburg), die er drei Jahre erfolgreich betrieb. Die Aussicht auf bessere Geschäfte im Münchner Bauboom der 1860er Jahre brachte dann die Freunde wieder zusammen. Mit zwei anderen Interessenten erwarb man im Jahr 1863 in Englschalking Lehmgründe mit einer Gesamtfläche von 8,27 Tagwerk um den günstigen Preis von 800 Gulden.

 

 

Johann Pfeifer (18331909)

Margarethe Pfeifer (18441877)

 

 

Nach Anfangserfolgen brachte das Kriegsjahr 1866 enorme Einbußen und der Hausbesitz in der Buttermelcherstraße musste um einen Spottpreis verkauft werden. Aber die Bautätigkeit der sogenannten "Gründerjahre" sanierte das Geschäft wieder, so dass sogar weitere Ziegeleien erworben werden konnten, so 1872 die Schneider'sche Ziegelei (heutige Englschalkinger Straße 221) und 1873 die Ailer'sche Ziegelei (heutige Schnorr-von-Carolfeld-Straße 2). Ein Wohnhaus wurde errichtet und zur Sicherung des Erbes Tochter Katharina am Gesamtbesitz beteiligt.

 

 

Ehemaliges Wohnhaus der Schneider'schen Ziegelei an der Englschalkinger Straße 221

 

 

Die 2011 errichtete Wohnanlage an der Englschalkinger Straße 221

 

 

 

Im Jahr 1877 stirbt Johann Pfeifers Ehefrau Margarethe früh im Alter von 33 Jahren der Ziegeleibesitzer bleibt mit seinen drei Töchtern Margarethe, Katharina und Karoline und dem einzigen Sohn Friedrich allein zurück. 1891 heiratet Tochter Karoline, ausgestattet mit 60.000 Goldmark Mitgift, Bonifaz Hartl aus der benachbarten Hartl-Ziegelei, der ein Jahr vorher das Bauernanwesen Haus Nr. 16 in Englschalking mit einigen Lehmgründen erworben hatte (spätere Ziegelei in der Waffenschmiedstraße 1, auf dem Gebiet des heutigen Einkaufszentrums im Fideliopark, spätere Ellwanger Ziegelei). Mit dieser Heirat knüpften die Pfeifers familiäre Bande zu einer der größten Ziegelei-Dynastien im Münchner Nordosten und die Verbindung mit den aus der Gegend von Aibling stammenden Hartls sicherte nicht nur das Pfeiferschen Familienbesitz sondern vergrößerte ihn erheblich. 1909 stirbt Johann Pfeifer in München und hinterlässt ein prächtiges Erbe.

 

 

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>> zum Spekulanten und Lebemann Friedrich Pfeifer

>> mehr zu den "Loambaronen" des Münchner Nordostens

 

 

 

 

 

Textquelle:

"LehmZiegelStadt", hrsg. von Erich Kasberger und Winfried Eckardt, München 2008.

 

Fotos von oben nach unten: 

Familien-Gedenkblatt zum 70. Geburtstag des Ziegeleibesitzers Johann Pfeifer im Mai 1903. Buchscan aus: "Dörfer auf dem Ziegelland", hrsg. von Roland Krack, München 2002.

Margarethe Pfeifer (1844 - 1877) und Johann Pfeifer (1833 - 1909); Buchscan aus: "Dörfer auf dem Ziegelland", hrsg. von Roland Krack, München 2002.

ehemaliges Wohnhaus der  "Schneider'schen Ziegelei" in der Englschalkinger Straße 221, © dietlind pedarnig, 2008.

Wohnanlage an der Englschalkinger Straße 221,  hpt © Verein für Stadtteilkultur im Münchner Nordosten e.V., 2012