Die italienische Zieglerfamilie Armellini

 

Auf einem Foto aus dem Jahre 1925, das Arbeiter der Ziegelei Dr. Basten zeigt, sieht man ganz links den Ziegelbrenner Vinzenz Armellini, genannt „Der Großvater“ und ganz rechts den Betriebsleiter der Ziegelei, seinen jüngsten Sohn Eduard Armellini. Die Firma Grob- und Feinkeramik Dr. Carl Basten mit Sitz in München, Bavariaring 45, besaß Ziegeleien in Unterföhring, Oberföhring, Markt Schwaben und Schirnding beziehungsweise hatte diese gepachtet.

 

 

 

 

Vinzenz (Vincenzo) Armellini, geboren im März 1851 in Tarcento (Provinz Udine), verkörperte einen typischen italienischen Wanderarbeiter um 1900. Ab Mai 1898 war er in Bayern zum ersten Mal aktenkundlich gemeldet. Er arbeitete in der Saison (Mai bis November) an den verschiedensten Orten: in Kolbermoor, in der Gemeinde Linden bei Otterfing (1899), danach war er bis 1915 in Solln. Ab 1915 bis 1922 und bis zu seinem Tode lebte er in Oberföhring. Im Jahre 1922 arbeitete er in Angerskirchen bei Dorfen. Sein ältester Sohn Alfons (Alfonso) ist 1881 noch in der Provinz Udine geboren, sein Sohn Gerhard (Gerardo) im Jahre 1890 in Solln und der Jüngste, Eduard (Edorado), soll 1893 in Oberföhring geboren sein. Seit 1925 beziehungsweise im Jahre 1933 ist Vinzenz Armellini als Brenner bei der Ziegelei von Franz Welsch in Oberföhring angestellt. Vinzenz Armellini verstarb 1949 im Alter von 98 Jahren. Er und seine Ehefrau Angela Armellini, geborene Anzill, wurden in Solln begraben.

 

 Vinzenz Armellinis Sohn Alfons kam mit acht Jahren zum ersten Mal nach Bayern. Bis 1915 war er in Udlding (Dachau) gemeldet, danach in Oberföhring. Seit 1923 arbeitete er als Ziegelmeister in der Ziegelei von Dr. C. Basten & Co. Kom. Ges. in Unterföhring. 1920 heiratete er die im Jahre 1897 in München geborene Maria Freistädtler. Im Jahre 1925 stellte Alfons Armellini für sich, seine Ehefrau und die drei Kinder einen Antrag auf Einbürgerung. Zwei Jahre später die Familie bewohnte mit ihren fünf Kindern nur ein Zimmer und eine Küche auf dem Hof vom Franz Gschwender in Unterföhring beantragte Alfons Armellini ein Baudarlehen für ein Wohnhaus in den Isarauen von Unterföhring. Im Jahre 1933 erfolgte vom Bezirksamt München an die Gendarmeriestation in Unterföhring über den Ziegelmeister Alfons Armellini folgende Anfrage:

 

„Im Hinblick auf das Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der Deutschen Staatsangehörigkeit vom 14.7.1933 und die Ausführungsvorschriften hiezu vom 26.7.1933 kann die deutsche Staatsangehörigkeit solchen Personen wieder entzogen werden, die zwischen dem Novemberumsturz 1918 und dem Regierungsantritt der nationalen Erhebung eingebürgert wurden, so ferne ihre Aufnahme in die deutsche Volksgemeinschaft nach völkischnationalen Grundsätzen als unerwünscht anzusehen ist. Es ist umgehend zu berichten, ob über den Eingebürgerten und seine Familienangehörigen Tatsachen bekannt sind, die den Widerruf der deutschen Staatsangehörigkeit notwendig machen würden, insbesondere ob diese ein dem Wohle von Volk und Staat abträgliches Verhalten an den Tag legten, oder ob sie sich seit der Einbürgerung eines schweren Vergehens oder Verbrechens schuldig gemacht haben.“

 

Nach den „Erhebungen“ wurde ein Widerruf der Einbürgerung der Familie Armellini nicht veranlasst. Vinzenz Armellinis Sohn Gerhard heiratete im Jahre 1913 die 1892 geborene Walburga Schelshorn. Ihre Kinder Gerhard und Josephine kamen in Forstenried zur Welt. Ab 1923 arbeitete Gerhard Armellini bei der Firma Heilmann & Littmann in Unterföhring, ab 1928 war er in Lochhausen und Oberföhring als Ziegelmeister beschäftigt. Die Einbürgerung erfolgte am 18. April 1927. Laut Münchner Stadtadressbuch von 1941 wohnte Gerhard Armellini beim Schlosswirt, damals Oberföhringer Straße 59. Er und seine Frau sind auf dem Friedhof von St. Lorenz in Oberföhring begraben. Vinzenz Armellinis Sohn Eduard war Betriebsleiter in der Ziegelei Franz Welsch und bewohnte mit seiner Familie die „Loamburg“, ein Ziegeleiarbeiterwohnhaus in der Oberföhringer Straße, damalige Hausnummer 82a. Die Loamburg war noch bis etwa 2000 bewohnt, 2002 brannte das leerstehende Gebäude vollständig aus. Die Ruine fristet momentan ein trauriges Dasein, bis sie, voraussichtlich 2011, im Zuge der Bebauung des Geländes der ehemaligen Ziegelei Deck/Haid endgültig beseitigt werden wird.

 

 

 

Literatur: Karin Bernst: Die italienische Zieglerfamilie Armellini, in:  "Ein Spaziergang durch den Münchner Nordosten", Kalender 2011.

Foto: Ofenleute der Ziegelei Dr. Basten, Oberföhring, Juli 1925. Ganz links: Vinzenz Armellini, Brenner, rechts: Eduard Armellini, Betriebsleiter. © Verein für Stadtteilkultur im Münchner Nordosten e.V.