/// Badespaß im Golli

Die wechselvolle Geschichte des Freibads an der Zamdorfer Straße

 

Geh’n wir zum Baden ins Golli? Aber sicher, es war die der Parkstadt am nächsten gelegene Möglichkeit zur sommerlichen Abkühlung. „Mit dem Radl waren wir in ein paar Minuten da“, erinnert sich Susanne Geigenberger. Und dann nichts wie rein ins Schwimmbecken. Das maß 40 x 18 Meter, war einen halben bis 3,8 Meter tief und, weil durch eine Pumpe mit Grundwasser gespeist, manchmal saukalt. Für Mutige gab es einen Sprungturm mit Fünfmeter-Plattform sowie Sprungbrettern (ein und drei Meter).

 

Für die Kinder war das ein Vergnügen, „aber auch ein bisschen unheimlich und spannend“, sagt Frau Geigenberger. „Schon allein der Name: Zigeunerbad. Dabei wussten wir gar nicht, ob es da Zigeuner gibt.“ Es gab sie, gleich nach dem Krieg, daher auch der Name, den der Volksmund geprägt hatte. Peter Baier, der Präsident des ESV München Ost, ist ein Zeitzeuge. „Direkt vor dem Bad an der Zamdorfer Straße, die damals noch ein unbefestigter Feldweg war, lagerten Roma mit Zirkuswagen und Pferden. Es kam vor, dass Zaunlatten gestohlen wurden und Badegäste beraubt wurden.“ Das war die eine Seite. Die andere war, dass die Roma Unterricht im Gitarre- und Ziehharmonikaspielen erteilten. Einige Familien sind später in der Josefsburg und der Wildenwarter Straße sesshaft geworden.

 

Das Bad hatte eine wechselvolle Geschichte und viele Namen: „Gollwitzer-Bad", Zigeunerbad, SS-Bad, später Sommerbad, schließlich Familienbad Steinhausen. Es war 1936 von der Reichsbahn erbaut und nach deren Präsidenten Gollwitzer benannt worden. Ab 1938 wurde es von der SA als Sportgelände genutzt. Im Stadtplan findet sich damals für das Bad die Bezeichnung SA-Sportheim.

 

Dass die Parkstädter das Freibad nach dem Krieg 35 Jahre lang als Naherholungsgebiet nutzen konnten, verdankten sie den Mitgliedern des Freien Wassersportvereins München. Die hatten 1947 bei einem Vereins-Badeausflug nach Unterhaching beschlossen: Wir wollen auch ein Bad. Der zweite Vorsitzende Schmelze brachte die Rede auf das Gollwitzer-Bad, er fragte nach, erfuhr, dass es der Stadt München zugefallen war und erwirkte einen Pachtvertrag.

 

Der Verein hatte eine Ruine gepachtet. Durch Zerstörungen während des Kriegs und Plünderungen danach war nur noch das Schwimmbecken vorhanden. Der Zaun war abgerissen, das Bassin beschädigt, Handläufe und Plattenbelag gestohlen, das Pumpenhaus zerstört, Brausen und Rohre abmontiert, und überall Bombentrichter.

 

Weil aber alle anpackten, wurde der Traum vom eigenen Schwimmbad Wirklichkeit. Im Frühjahr 1949 war das Gelände eingezäunt, der Beckenrand gepflastert, der Sprungturm gestrichen, die Bretter montiert, das Kassenhäuschen gebaut und Bäume gepflanzt. Die Investition lohnte sich, „das Bad wurde eine gute Einnahmequelle“, erinnert sich der Ehrenvorsitzende Heinz Willig, der 1971 zum Verein stieß.

 

1983 war der Badespass in Steinhausen zu Ende. Die Stadt verkaufte das Gelände an den Süddeutschen Verlag, der dort sein Druckzentrum errichtete. Der Freie Wassersportverein wurde nach Zamdorf in die Lüderitzstraße umgesiedelt. Ein großes Schwimmbecken wie zuvor ließ sich dort nicht bauen, sondern nur ein Pool von acht mal vier Metern. Es gibt Fitness, Sauna und eine Gastronomie mit Kegelbahn. Schwimmbetrieb bietet der Verein seinen rund tausend Mitgliedern, unter ihnen der Triathlet Faris Al-Sultan, Sieger des Ironman in Hawaii, in den städtischen Bädern an.

 

Hans Eiberle

 

 

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