Das Schwert im Keltengrab

Unter dieser Überschrift machte die Stadtteilzeitung „hallo“ auf den Vortrag im Rahmen der Mitgliederversammlung am 21. Februar 2006  im ÖBZ, Englschalkinger Straße, aufmerksam. Ein guter Besuch dieser Veranstaltung war Folge dieses interessant gestalteten Artikels von Sabine Radloff. Was weiß die neueste Forschung über die Hinterlassenschaften menschlicher Kultur im Münchner Osten,  „Haben die Bayern keltische Vorfahren?“

 

Die Archäologin M.A. Christiane Eggl und die Anthropologin Dipl. Biologin Marina Vohberger berichteten vor etwa 70 Zuhörern über die Erkenntnisse durch Ausgrabungen in Dornach, an der beide mitgewirkt haben. Der außergewöhnliche Fund eines Bestattungsplatzes aus dem 4. und 3. vorchristlichen Jahrhundert in Aschheim und dessen anschließende Freilegung führte die beiden Wissenschafterinnen zusammen. Das Ergebnis ihrer Untersuchungen gibt einmalige Einblicke in die Kulturgeschichte dieser Zeit und verleiht dem Münchner Raum in der Erforschung der so genannten Latènezeit ein besonderes Gewicht. Es ist dies die Zeit der Kelten und der Keltenwanderung, aber auch der Hinterlassenschaften von Siedlungen und Bestattungsplätzen.

 

 

Grabungsbefund im Gräberfeld Dornach

 

 

Zusammenfassung des Vortrags

 

Im 5. Jahrhundert vor Christus beginnt in Mitteleuropa der letzte Abschnitt der Vorgeschichte, die so genannte Latènezeit. Sie wird geprägt durch die Hinterlassenschaften der Latènekultur, deren Entstehungsgebiet zwischen der Champagne im Westen und Niederösterreich im Osten zu suchen ist. Diese kann aufgrund schriftlicher Quellen aus dem mediterranen Raum als erste vorgeschichtliche Kultur nördlich der Alpen mit einem Völkernamen in Verbindung gebracht werden: den Kelten.

 

Im Verlauf des 4. und 3. Jahrhunderts vor Christus erreichte die Latènekultur ihre maximale Ausdehnung mit einem Verbreitungsgebiet zwischen Atlantik und Karpatenbecken. Ihr Einfluss erstreckte sich aber weit darüber hinaus bis an den Rand des Schwarzen Meeres und in den Mittelmeerraum. Es ist dies die Zeit der historisch überlieferten Keltenwanderungen, die Gruppen aus dem Bereich der Latènekultur griechischen und römischen Autoren zufolge, nach Italien aber auch bis nach Griechenland und Kleinasien führten. Wohl auch bedingt durch diesen intensivierten Kontakt mit den mediterranen Hochkulturen begannen sich im 2. Jahrhundert vor Christus nördlich der Alpen stadtartig organisierte Gemeinwesen herauszubilden, die so genannten oppida, mit denen die Kelten die Schwelle zur Hochkultur erreichten.

 

Im Gebiet östlich von München liegen diverse Hinterlassenschaften der Latènekultur vor. Es handelt sich dabei um Siedlungen und Bestattungsplätze einer ländlich geprägten Bevölkerung, die aber dennoch – wie die Funde zeigen – in die weit gespannten Beziehungen der keltischen Welt eingebunden war. Dies gilt besonders für die Zeit ab etwa der Mitte des 4. Jahrhunderts vor Christus, als neue Ansiedlungen entstanden, die sich perlschnurartig vom Südostrand des Erdinger Mooses nach Süden ziehen. Zeugen hierfür sind vor allem Flachgräber, in denen die Verstorbenen in ihrer Tracht beigesetzt worden waren.

 

Wie im gesamten südbayerischen Raum handelt es sich dabei meist nur um kleine Grabgruppen oder sogar um einzeln gelegene Gräber. Umso wichtiger waren die Entdeckungen im Bereich der Gemeinde Aschheim, wo von 1999 bis 2001 der größte modern untersuchte Bestattungsplatz des 4. und 3. Jahrhunderts vor Christus in Südbayern freigelegt werden konnte.

 

Dieser Fundplatz war Auslöser für eine enge Zusammenarbeit zwischen Archäologie und Anthropologie. In deren Mittelpunkt stand die Frage nach dem Nachweis von Migrationsphänomenen auch nördlich der Alpen während der Zeit der historisch überlieferten Keltenwanderungen nach Süden. Zu diesem Zweck wurden im Rahmen der Diplomarbeit von Frau Marina Vohberger am Department Biologie, Bereich Biodiversitätsforschung / Anthropologie der Ludwig-Maximilians-Universität München Strontium-Isotopen-Analysen an den Zähnen des geborgenen Skelettmaterials durchgeführt, die einen Hinweis auf die Herkunft der Verstorbenen geben sollten. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen lieferten einmalige Einblicke in die Ereignisse während der Zeit vor der Entstehung der oppida und verleihen dem Münchner Raum in der Erforschung der Latènezeit in Südbayern ein besonderes Gewicht.

 

 

Christiana Eggl, Roland Krack (Vorstand Verein NordOstKultur), Marina Vohberger nach dem Vortrag

 

 

 

Kurzvorstellung der Referentinnen

 

Christiana Eggl, M.A.

seit 2001 Magister an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Promotion über das Thema: „Das Flachgräberlatène in Südbayern“ in enger Zusammenarbeit mit Marina Vohberger im Rahmen ihrer Diplomarbeit. Seit Dezember 2005 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Vor- und  Frühgeschichtliche Archäologie und Provinzialrömische Archäologie der Ludwig-Maximilians-Universität München.

 

Marina Vohberger, Dipl. Biol.

2005 Diplom an der Ludwig-Maximilians-Universität München in Biologie mit dem Hauptfach Anthropologie, Thema der Diplomarbeit: „Rekonstruktion von Migration im Flachgräberlatène anhand stabiler Sauerstoff- und Strontiumisotope“.

 

 

 

Quelle: NordOstMagazin, Januar 2007

Fotos: © Verein für Stadtteilkultur im Münchner Nordosten e.V.