Auf einmal da waren sie weg ...

Erinnerung an Bogenhauser Juden

 

In der Holbeinstraße, in der Rauchstraße, in der Ismaninger Straße, in der Friedrich-Herschel-Straße oder in der Maria-Theresia-Straße wohnten sie, in der Prinzregentenstraße, in der Mauerkircher- oder in der Möhlstraße. Manche lebten viele Jahre im Münchner Stadtviertel Bogenhausen, manche wurden in Häuser jüdischer Besitzer in Bogenhausen eingewiesen, bevor sie deportiert und ermordet wurden. Einige besuchten die Gebeleschule, das Anna-Lyceum oder das Wilhelmsgymnasium. Sie hießen Bach, Braun, Bühler, Fischer, Gutmann, Jordan, Mayer, Stark oder Wassermann. Etliche hatten sich evangelisch oder katholisch taufen lassen. Sie waren Ärzte, Rechtsanwälte, Kaufleute, Künstler, Bankangestellte, Schüler... und sie lebten genauso wie ihre nichtjüdischen Nachbarn. Niemand von ihnen konnte in Bogenhausen bleiben. Sie flohen vor den Verfolgungen, sie wurden schikaniert, entwürdigt, beraubt, in den Selbstmord getrieben, deportiert und ermordet.

 

Das unter anderem vom Kulturreferat der Landeshauptstadt und dem Bezirksausschuss des Stadtbezirks 13 finanziell unterstützte und getragene Erinnerungsprojekt und die Ausstellung waren ein Versuch, Namen, Gesichter und Geschichten ins öffentliche Gedächtnis zu tragen. Was in Bogenhausen geschah, geschah so ähnlich überall.

 

Das Ausstellungs- und Erinnerungsprojekt "Auf einmal da waren sie weg" entstand nach einer Idee und unter Leitung von Wolfram Kastner. Es wurde realisiert von einem Arbeitskreis mit Unterstützung der Volkshochschule München-Ost und dem Verein NordOstKultur unter Mitwirkung von Karin und Thomas Bernst sowie Roland Krack. Über 18 Monate waren Fachleute, Laien, Betroffene und Zeitzeugen auf Spurensuche nach deren Schicksalen und interviewten Zeitzeugen. Neben Ämtern und Archiven waren private, bisher unveröffentlichte Dokumente brisante und erschütternde Fundorte. Was bleibt und gezeigt wird, sind Bilder und Biografien, die scheinbar Namenlosen und Vergessenen Gesicht und Würde zurückgeben – wenigstens für den Augenblick und in gleicher Augenhöhe mit den Betrachtenden.

 

Das bemerkenswerte Stadtteil-Projekt zur Erinnerung an verfolgte jüdische Nachbarn in Bogenhausen vor 1945 fand seinen Abschluss in einer Ausstellung, die in der Zeit vom 4. November 2004 bis zum 27. Januar 2005 im Kunstforum Arabellapark zu sehen war. Sie zeigte farbig bearbeitete Porträts und Biografien jüdischer Menschen und dazu bisher unveröffentlichte Dokumente. 

 

Die im Verlag Ernst Vögel erschienene Publikation zum Projekt ist leider vergriffen.

 

 

Textquelle: NordOstMagazin 2004