August Graf (1850–1903)

 

Der Großvater des Ziegeleigründers August Graf war "Hofvorreiter" am Würzburger Schloss. Er konnte seinen Sohn Simon, der Schmied gelernt hatte, dort als "Königlichen Eisenmeister" unterbringen. Simon stieg zum "Laquai" der Königin Karoline, der Stiefmutter des bayerischen Königs Ludwig I. auf, bei der auch seine Frau Anna Hofdame war. "Man" gehörte also zur gehobenen königlichen Bedienstetenschaft und erwarb einen gediegenen Besitz. Mit der Königin, die ihren Sitz im Neuen Schloss am Biederstein bei Schwabing hatte, zog die Familie nach München. Dort wurde August Graf 1850 in der Au bei München geboren.

 

Mit einem nicht unbeträchtlichen Erbe konnte August Graf 1876 die Schneidermeisterstochter Anna Brunner aus Grafenwöhr, der unterfränkischen Heimat seiner Eltern, heiraten und eine Existenz gründen. Er baute auf dem Höhepunkt der Gründerzeit eine Ziegelei in Zamdorf auf, die bald florierte. Jährlich sollen allein hier etwa 300 italienische "Ziegelpatscher" (Saisonarbeiter in den Ziegeleien) tätig gewesen sein. Nach der Familienüberlieferung stammen unter anderem die Ziegelsteine der 1880 erbauten "Alten Gebäranstalt" in der Sonnenstraße, dem späteren Postscheckamt, aus der Graf'schen Ziegelei. Und da man was "Besseres" war, ließ August Graf seine Töchter mehrspännig von seiner Villa in Zamdorf zum Lyzeum nach München hinein kutschieren.

 

Aber die Glückssträhne der Grafs riss und das Schicksal schlug hart zu. 1878 starben zwei Töchter jeweils im ersten Lebensjahr und August Graf selbst erkrankte 1901 unheilbar und starb zwei Jahre später in einem Heim in München. Das Familienvermögen war aufgebraucht. Ein "Protocoll – Bitte um ein Dürftigkeitszeugnis" vom 13. August 1903 belegt den Absturz in die bittere Armut. Anna Katharina Graf musste, völlig gelähmt, bis zu ihrem Tod im Jahr 1913 von ihren Töchtern gepflegt werden.

 

Fünf von sieben Kindern der Familie Graf überlebten. Ihr weiterer Lebensweg zeigt, dass keiner mehr etwas mit dem Ziegeleigeschäft zutun haben wollte. Maximilian betätigte sich als Antiquitätenhändler, Amalie wurde bis zur Entlassung durch die Nationalsozialisten Postinspektorin, das gleiche Schicksal musste ihr Bruder August als Steueramtmann erdulden, Anna war Postbeamtin und Hausfrau, Otto (siehe Foto unten) war zunächst Lehrer, dann ging er in Frühpension und betätigte sich als Links-Politiker und Mandatsträger (SPD, KPD, Gewerkschaft). Der "unbeugsamer Sozialist" war während der NS-Zeit mehrfach in sogenannter Schutzhaft. Er starb 1971.

 

 

 

 

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Literatur: Erich Kasberger/Winfired Eckardt (Hrsg.): LehmZiegelStadt. Der Rohstoff Lehm in der Münchner Stadtgeschichte, München 2008.

Foto oben: August Graf, unterfränkischer Ziegeleibesitzer zwischen Steinhausen und Zamdorf; Buchscan aus s.o.

Foto unten: Otto Graf, jüngster Sohn von August Graf; Buchscan aus s.o.