Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges fehlten immer mehr Arbeiter auch für die Ziegeleiindustrie. Im Oktober 1942 wurden in München acht Mauersteinwerke stillgelegt, mit der Maßgabe, dass die frei werdenden Arbeitskräfte in der Dachziegelindustrie eingesetzt werden. Der Bedarf an Dachziegeln nahm durch die Luftangriffe auf die Städte zu, Baumaßnahmen fanden zu der Zeit nur in der Rüstungsindustrie (und am Obersalzberg) statt. In der Ziegelei von Anton Baur, die dank »kriegsentscheidender Fertigung« noch in Betrieb war, arbeiteten Anfang Mai 1943 weiterhin 14 Italiener. Die italienischen Fachkräfte im Ziegeleigewerbe (die meisten arbeiteten als Brenner am Ofen) waren 1943/1944 nicht mehr nach Deutschland zurückgekehrt, ihre Arbeit war nur schwer durch Kriegsgefangene oder Ostarbeiter zu ersetzen. In den Berichten über die Wirtschaftslage im Juni 1943 rechnete man damit, dass eine ganze Anzahl Ziegelwerke zum Erliegen kommt. Im Februar 1943 sah man noch »mit Interesse dem Erfolg der neuen Maßnahmen zum Einsatz von älteren Männern und Frauen entgegen.« 

 

 

 

 

Trockenstadl der Ziegelei Baur

 

 

 

 

Die Ziegelei von Anton und Klara Baur wurde erst 1964 stillgelegt und abgebrochen. Sie war damit am längsten im Münchner Nordosten in Betrieb. Auf dem Grundstück der ehemaligen Ziegelei wurde 1989  mit der Anni-Braun-Schule das Schulzentrum für Hör- und Sprachgeschädigte errichtet.

 

 

<< zurück zum Textanfang

 

 

 

Text: Karin Bernst, in: Stadtteilspaziergang durch den Münchner Nordosten, Kalender 2005.

Foto oben: Die Überreste der Ziegelei Anton Baur in Johanneskirchen Anfang 1970: Kamin, davor das Häuschen für die italienischen Saisonarbeiter. Rechts am Rand ist das Kühlhaus der Firma Bruner an der Musenbergstraße zu sehen, das 2009 durch den »Gammelfleischskandal« traurige Berühmtheit erlangt hat.

Foto unten: Beschäftigte der Ziegelei Baur in Johanneskirchen, um 1960 © Familie Bernst.