Ernst Barth (1906–1994)
Barth war ein großer Münchner Architekt der Nachkriegszeit. Neben einigen Büro- und Geschäftsbauten und einer unter Denkmalschutz gestellten Kirche in Esslingen konzentrierte er sich auf den Wohnungsbau. In Ulm geboren, verlor Ernst Barth früh seinen Vater, machte zunächst eine Maurerlehre und versorgte die Familie, danach bildete er sich autodidaktisch zum Architekten aus und eröffnete sein erstes Büro in Stuttgart. Er baute seine ersten Wohnhäuser in Bogenhausen an der Brucknerstraße. Seit 1939 lebte Ernst Barth in München, diente bei der Luftwaffe, und war zuständig für die Tarnung der Bauten auf dem Obersalzberg gegen Angriffe aus der Luft. Zeitgleich baute er seine ersten Wohnanlagen in Bogenhausen: 1940 Mühlbauer-, Beetz-, Holbein-, Kepplerstraße und 1943 Liszt-, Mühlbauer-, Bruckner-, Brahmsstraße von Ernst Barth und Sylvester Laible (4–5-Zi.-WE zentrales Bad und WC), erbaut von Vowo mbh (Volkswohnungsbaugesellschaft München). Nach dem Krieg hatte er sein Büro in der Siebertstraße in Bogenhausen und wohnte in den 1970er-Jahren im Cosimapark in einem von ihm entworfenen 18-stöckigen Atriumhaus in der Beckmesserstraße.
Nach dem Wiederaufbau der zerbombten Innenstadt entwickelte sich München an den Rändern. Ernst Barth konnte seine Ideen zum modernen Wohnungsbau entwickeln und seiner Zeit weit voraus umsetzen. Von Ernst Barth stammen die ersten mehrstöckigen Wohnhäuser im Atriumstil wie zum Beispiel im Cosimapark. Sein Nachfolger Karl-Heinz Röpke schreibt dazu: »Ernst Barth stellte 1969 Punkthäuser, Atrien und ein Langhaus als Solitäre gleicher Struktur in einen gemeinsamen Kontext. Keine Blöcke, sondern schwingende Räume zwischen den Gebäuden, die durch ihre Bepflanzung tatsächlich zu einem Park wurden.« 1968 erhielt er für das Haus Stolzingstraße 21 den Ehrenpreis für Wohnungsbau. 1969 bekam Barth für das Haus Preziosastraße 18–26 den Ehrenpreis für Wohnungsbau.
So entstanden preisgekrönte und heute noch hochmoderne Wohnanlagen:
Arthur-Kutscher-Platz in Schwabing etwa 100 Wohnungen (1960)
Cosimapark, etwa 1100 Wohnungen, Atriumhäuser mit 3 bis 19 Geschossen, 2 Ladengruppen, Bauträger Münchner Grund (1963 bis 1969)
Johanneskirchen, 1800 Wohneinheiten in Beton- und Fertigbauweise, Gesamtentwurf von Architekt Gordon Ludwig, einzelne Häuser von Ernst Hürlimann und Ernst Barth (1965 bis 1968)
Osterwaldstraße, etwa 250 Wohnungen (1965)
Rümannstraße, südlich des Petuelparks, etwa 500 Wohnungen (1966)
Wohnhochhäuser Schwabylon, an der Leopldstraße, zunächst genutzt für die Schiedsrichter der Olympischen Spiele 1972, etwa 270 Wohnungen (1972)
Prinzregenten-, Richard Strauss-, Einsteinstraße, etwa 250 Wohnungen (1984)
Wohnparks in ähnlichen Größenordnungen wurden in Bad Godesberg, Wuppertal und Dortmund 1970 bis 1975 errichtet.
Diverse Reihenhausprojekte
Danach entstanden wieder in München mehrere Reihenhausprojekte, zwei davon in Bogenhausen mit ganz unterschiedlichem Charakter:
Englschalking-Mitte: Rund 100 Häuser rechts und links der Englschalkinger Straße (ehemals Brodersenstraße) Alfred-Jentsch-Weg, Libauer-, Barlow-, Schnorr-von-Carolsfeld-Straße (1978)
Englschalking-Ost: Etwa 25 Häuser an der Meistersinger-, Stolzing-, Veit Pogner-Straße (1981). Die Häuser sind 2021 ganz so erhalten, wie geplant.
Barth arbeitete bis 1982 in Bogenhausen und übergab sein Büro dann an den Architekten Karl-Heinz Röpke. Seinen Ruhestand verbrachte Ernst Barth in einem Altenwohnstift in Stuttgart.
Abbildungen:
oben: Ernst Barth © Karl-Heinz Röpke
unten: Wohngebäude Klingsorstraße 10 im Cosimapark, -Bogenhausen, erbaut 1963 bis 1969, 2011.