Ziegelland

Autor: Roland Krack

 

Zwischen Ramersdorf und Ismaning entstand während der letzten Eiszeit ein bis zu zwei Meter mächtiger  Lösslehmstreifen. Loser Gesteinsstaub wehte über vegetationslose Geröllfelder der Moränenlandschaft und setzte sich auf der Schotterebene ab. Erste Ziegelstädel (Feldziegeleien) entstanden zunächst in Haidhausen – aus ihnen stammten die Backsteine (Backsteingotik) der Frauenkirche (5 mal gebrannt, um die nötige Festigkeit zu bekommen). Zu Beginn des 18. Jahrhunderts erreichte der Lehmabbau Bogenhausen; am Priel wurde die erste kurfürstliche Ziegelei errichtet, um Ziegel für das Schloss Schleißheim zu brennen.

 

Der Ziegelboom, das "goldene Zeitalter" der Ziegeleibesitzer und -betreiber, der "Loambarone", begann in den Ortsteilen der Gemeinde Daglfing in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts und dauerte knapp zwei Generationen. Vor 1860 und nach 1920 gab es kaum eine Handvoll betriebsfähiger und produktiver Ziegeleien in dieser Gegend; eine exakte Zahl lässt sich jeweils nur für ein Stichjahr nennen und ist zudem deshalb ungenau, weil es Zweigbetriebe und Zusammenlegungen, vorübergehende Stillegungen und Teilverkäufe von Ziegelland mit Neugründungen, Versteigerungen und Zertrümmerungen gab. In den sechziger Jahren wurden etwa 14 Ziegeleien neu gegründet bzw. ihre Betriebsanlagen neu aufgebaut. Zwischen 1910 und 1920 haben ebenso viele ihre Produktion wieder eingestellt.

 

Der Höhepunkt der Gründungen und der Produktion lag in der auch so benannten "Gründerzeit" nach dem deutsch-französischen Krieg von 1870/71 und in der Prinzregentenzeit um die Jahrhundertwende, bedingt durch das Wachstum Münchens. Die Stadtbevölkerung wuchs auf über eine halbe Million Einwohner an. Fünfzig Jahre vorher waren es noch wenig mehr als 100.000 gewesen! Während der Gründerzeit (1870 bis 1914) gab es Ziegeleien von Berg am Laim bis Oberföhring. Es gab 33 Ringofenziegeleien (1895: 10 Berg am Laim (mit Zamdorf), 11 Daglfing (mit Englschalking und Johanneskirchen), 17 Oberföhring und 4 in Unterföhring.)

 

 

 

 

Nur wenige Ziegeleien im Bereich der ehemaligen Gemeinde Daglfing „überlebten“ den Zweiten Weltkrieg; dazu gehörten die Betriebe von Baur und Rattenhuber in Johanneskirchen und von Karl Ellwanger auf der ehemaligen Hartl`schen Ziegelei  in Englschalking. Sein Vorfahre hatte schon vor dem Ersten Weltkrieg die Seeholzer´sche Ziegelei in Johanneskirchen betrieben.

 

Die Ellwanger-Ziegelei in der Waffenschmiedstraße 1 produzierte Ende der fünfziger Jahre jährlich 11 bis 15 Millionen Ziegelsteine. Das war die Jahresproduktion der gesamten Aktien-Ziegelei vor dem Ersten Weltkrieg! Allerdings: „Die Ziegelei bezieht ihren Lehm seit einigen Jahren nicht mehr aus der hinter dem Fabrikgelände liegenden Lehmgrube, denn die Lehmschicht ist auf diesem Gebiet schon fast ganz abgetragen. Jetzt muss das Material auf dem Gelände an der Denninger Straße ausgebaggert und auf Lastkraftwagen zur Fabrik gefahren werden.“ (Heimatkunde-Projekt Ostpreußenschule 1959).

 

Letzte Lehmreste: Der Abbau in Oberföhring wurde in den 1950er Jahren eingestellt. Die Ziegelei Bauer in Johanneskirchen war bis 1964 in Betrieb.

 

 

>> zum Thema siehe auch "Projekt 2008: LehmZiegelStadt"

>> zum Überblick "Ziegeleien im Münchner Nordosten"

>> Bayerischer Ziegelindustrieverband

 

 

 

Abbildungen:

Die Lösslehmzunge im Münchner Nordosten © Verein für Stadtteilkultur im Münchner Nordosten e.V. (2008)

Ziegelei Haid an der Cosimastraße/Ecke "An der Salzbrücke", hpt © Verein für Stadtteilkultur im Münchner Nordosten e.V.