Ziegeleien im Münchner Nordosten (eine Auswahl)

 

Der »Boom« der Ziegelherstellung in München begann in den Ortsteilen der Gemeinde Daglfing in den Sechzigerjahren des 19. Jahrhunderts und dauerte knapp zwei Generationen an. Das Unternehmen der »Aktien-Ziegelei München« produzierte um 1890 jährlich 18 bis 20 Millionen Stück Ziegel und galt damit als eine der größten Ziegelfabriken Deutschlands. Auch einige kleinere, im Volksmund »Loambarone« genannte, Unternehmer beuteten die Lehmäcker im Münchner Nordosten aus. 1895 sind 33 Ringofenziegeleien im Gebiet des Bezirksamts München I verzeichnet. Um die Jahrhundertwende wächst die Zahl der Ziegeleien noch einmal rasant an (allein auf Oberföhringer Gemeindeflur stehen 17 Ziegeleien!), doch dann erschöpfen sich die Lehmvorräte und die beiden Weltkriege tun ein Übriges. Nur wenige Ziegeleien überleben und arbeiten noch bis in den 1960er-Jahre. 

 

 

 

 

Ohne NordOstKultur daats die Ziegelei nimmer gebn

Jahrzehntelang verkamen die Gebäude der ehemaligen Ziegeleien im Münchner Nordosten. Der Verfall war nicht aufzuhalten. Baufällige Kamine wurden eingerissen. Die gewohnte Stadtansicht veränderte sich. Um wenigstens eine Ziegelei der Nachwelt zu erhalten, wurde die von August Haid an der Cosimastraße/Am Salzsenderweg unter Denkmalschutz gestellt. Ziegelei und Villa Hartl am nördlichen Ende der Cosimastraße (heute Trambahnwendeschleife St. Emmeram) wurde völlig beseitigt. Um 2000 standen an der Oberföhringer Straße 204 noch Reste der Ziegelei Josef Haid (Deck). 2007 sollte auf deren Ziegeleigelände eine neue Wohnsiedlung entstehen. Eine Ausstellung mit Ziegeleifotos der Bogenhauser Fotografin Camilla Kraus 2008 machte die Bevölkerung aufmerksam. Über 1000 Unterstützer unterschrieben die Resolution auf Erhalt der Ziegelei Josef Haid (Deck). NordOstKultur übergab die Unterschriftenlisten 10. Juni 2008 im Rathaus an die Bürgermeisterin Christine Strobl.

 

Rettung

Der Verein für Stadtteilkultur im Münchner Nordosten e.V. (NordOstKultur)  setzte sich ab 2008 für die Erhaltung von Gebäuden der Ziegelei Josef Haid (Deck) in Oberföhring ein. Es wurde 2009 daher ein Grobkonzept ›ALTE ZIEGELEI OBERFÖHRING‹ mit dem Ziel der Erhaltung von zwei Gebäuden erstellt. Anita Kuisle vom Büro für Technikgeschichte erarbeite 2010 ein professionelles Konzept, das NordOstKultur dann den zuständigen Referaten der Landeshauptstadt München vorlegte.

Bei der Stadtverwaltung waren eingebunden: Planungsreferat mit Lokalbaukommission, Baureferat, Kommunalreferat und Kulturreferat. Letzteres erhielt 2010 den Auftrag das Projekt zu koordinieren und Frau Dr. Angelika Baumann wurde bis zur Fertigstellung zur Ansprechpartnerin.

Mit der Fachhochschule Rosenheim (ehem. Holztechnikum) bekam NordOstKultur einen starken Partner. Die Zimmerermeister Bernhard Schneider und Felix Gruschka, die sich in Rosenheim studierten, nahmen den Abbau des Trockenstadls Nr. 8 und den Wiederaufbau als Thema ihrer Abschlussarbeit. Über 40 NordOstKultur-Mitglieder halfen als Hilfsarbeiter beim Abbau im August 2010, beim Zwischenlagern und dem Wiederaufbau mit.

2012 wurde die baufällige Hülle des Maschinenhauses abgebrochen und die Maschinen zum Schutz vor der Witterung mit Planen eingehaust. Im Frühjahr 2013 begann die Renovierung der Außenwände des Maschinenhauses, die im November des gleichen Jahres beendet wurde.

Die Abbauarbeiten und den Wiederaufbau eines Trockenstadls hat der Filmemacher Bodo Kessler begleitet. Den Film EIN TROCKENSTADL ZIEHT UM (12 min) und eine Radiosendung des Bayerischen Rundfunks: »Lehmbarone und Ziegelpatscher« von 12.8.2013 finden Sie unter : https://alte-ziegelei-oberfoehring.de/rettung/

 

 

 

http://alte-ziegelei-oberfoehring.de/

 

 

 

 

Auswahl der historischen Ziegeleien im Münchner Nordosten:

 

Kurfürstliche Ziegelei am Priel (historisch; Bogenhausen-Priel)

Ziegelei Baur (historisch; Johanneskirchen)

Ziegelei Ellwanger (historisch; Johanneskirchen)

Ziegelei Grünwald (historisch; Oberföhring)

Ziegelei August Haid (Oberföhring)

Ziegelei Josef Haid (Deck) (Oberföhring)

Ziegelei Hartl (historisch; Oberföhring)

Ziegelei Leibenger (historisch; Johanneskirchen)

Ziegelei Obermaier  (historisch; Zamdorf)

Ziegelei Rattenhuber (historisch; Englschalking)

Ziegelei Rattenhuber (historisch; Johanneskirchen)

Ziegelei Sedlmair (historisch; Oberföhring)

Ziegelei Franz Welsch (historisch; Oberföhring)

Ziegelei Benno Welsch (historisch; Oberföhring)

 

 

Überblicksbeiträge:

 

>> zum NordOstThema »Ziegelland«

>> Ziegeleien in Johanneskirchen um 1900 (interaktiver Lageplan)

>> Ziegeleien in Oberföhring um 1913 (interaktiver Lageplan)

>> Ziegeleien Englschalkinger Straße

 

 

 

Fotos: 

oben: »Kurkölnische Ziegelei« an der Rosenheimer Straße. Im Hintergrund (genau in der Mitte des Bildes am Horizont) die Kirche St. Michael in Berg am Laim, Ölgemälde von Joseph Stephan, um 1770.

unten: Lehmabbau bei der Ziegelei von Fritz Meyer in Oberföhring, Anfang des 20. Jahrhunderts. Im Hintergrund sind der Kirchturm von St. Lorenz und der Wasserturm zu erkennen. Bildquelle: Bernst, Karin: Oberföhring. Das Dorf und seine Bewohner im 19. Jahrhundert, München 2000.