»Hanselmarterhof«
Der mächtige »Hanselmarterhof« (Bogenhausen Hausnummer 5), gehörte der Familie Selmayr schon seit Ende des 18. Jahrhunderts und er war mit 100 Tagwerk (ca. 33 Hektar) Äckern und Wiesen das größte Bauernanwesen in Bogenhausen. Durch Ankauf des Anwesens Hausnummer 10 (Popp) mit 80 Tagwerk (= 27 Hektar) Wirtschaftsfläche konnte der »Hanselmarter« seine ursprüngliche Größe im 19. Jahrhundert fast verdoppeln (180 Tagwerk = 60 Hektar). In den überzähligen Wohngebäuden hinter der Schmiede erhielten die Bogenhauser Kinder vor der Errichtung eines eigenen Schulgebäudes von 1824 bis 1875 ihren Schulunterricht.
Kaspar Selmayr (geb. 25.2.1785 Bogenhausen, gest. 13.4.1851 Bogenhausen), Hanslmarterbauer und Gemeindevorsteher in Bogenhausen 1820 bis 1839 und seine Frau Anna Selmayr, geb. Kögl (geb. 23.5.1788 Unterbiberg, gest. 4.3.1854 Bogenhausen) vom Mayr-Hof in Unterbiberg
1898 hatte das Bauernanwesen dann seine Schuldigkeit getan und wich einer hochherrschaftlichen Villa, die nun weitaus besser den neuen Status der Selmayers als »Loambarone« Ausdruck verlieh. Die sogenannte Bürgermeistervilla in der Ismaninger Straße 95 erhielt ihren Namen nach dem letzten Bürgermeister des Dorfs Bogenhausen Josef Selmayr jr.
Südansicht der Selmayr-Villa 1898 ...
... und 2007.
Villa Selmayr
Nach der Eingemeindung Bogenhausens (1892) wurde der Hanselmarterhof abgerissen und 1898 eine stattliche Villa samt ausgebautem Dachgeschoss, Kneipzimmer im Keller, Loggia, repräsentativer großer Diele, Terrasse, aufwändigen Holzvertäfelungen im Inneren, Park und Portal errichtet. Für den barockisierenden Bau zeichnete Paul Pfann unter Mitarbeit von Günther Blumentritt verantwortlich. Das Architektenduo gestaltete im gleichen Jahr auch die stattliche Betz'sche Gastwirtschaft, in unmittelbarer Nähe an der Ecke Törring-/Ismaninger Straße gelegen, neu sowie mehrere Mietswohnhäuser in der Prinzregentenstraße. Noch im gleichen Jahr der Errichtung der Villa verkaufte Josef Selmayr den größten Teil seines Bogenhausener Grundbesitzes an die »Heilmann & Littmann Bau- und Immobilien-Gesellschaft A.-G.« Mit den Erträgen aus den Grundstücksverkäufen erwarb Selmayr aus wirtschaftlichen Gründen das Schlossgut Erching (Landkreis Freising) mit über 700 Hektar Grundfläche. Seit 1903 bewohnt die Familie Selmayr auch das Schloss, das bis heute in ihrem Besitz ist.
Planskizze 1898
Grundriss Erdgeschoss mit allem was dazugehört: Arbeitsplatz des Herren, Speisezimmer, Empfangszimmer, Vestibül, Loggia
Grundriss 1. Obergeschoss
Entwurf der Holzdecke im Speisezimmer
Portalentwurf
Dieleninnenraum
Raum 31 als Vorzimmer
Vorplatz
Kneipzimmer im Keller
Giebelbekrönung
Hausschild
Seit 1941 war die Bürgermeistervilla eines der Häuser des »Lebensborn«, der 1935 im Auftrag des »Rasse- und Siedlungshauptamtes« gegründet worden war zur Aufzucht »rassisch wertvoller« Kinder. Heute befinden sich hier Teile der Bayerischen Theaterakademie und im Garten ein Neubau des Finanzgerichts München.
Finanzgericht München
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Literatur:
Karl, Willibald (Hrsg.): Bogenhausen. Vom bäuerlichen Pfarrdorf zum noblen Stadtteil, München 1992.
Abbildungen von oben nach unten:
Hanselmarterhof der Familie Selmayr, Aquarell um 1880, links St. Georg © Familie Selmayr
Kaspar Selmayr und Anna Kögl © privat
Südansicht der pompösen Villa Selmayr auf Architektenskizze; Quelle: Technische Universität München
Südansicht der Villa Selmayr, Ismaninger Straße 95, im Jahr 2007 © dietlind pedarnig, 2007.
"Plan über die Erbauung einer Villa im Anwesen des Herrn Landrates Jos. Selmayr, Gutsbesitzer in Bogenhausen-München", Mai 1898. Ansichten im Uhrzeigersinn gegen Süden, Norden, Westen und Osten. Quelle: Technische Universität München
Grundriss 1. Obergeschoss "Neubau Selmayr Bogenhausen", 1898, mit sieben (!) Schlafzimmern und einem Fremdenzimmer; Quelle: Technische Universität München
"Villa J. Selmayr Bogenhausen. Holzdecke im Speisezimmer", Entwurfsskizze Pfann, 1898; Quelle: Technische Universität München.
Portalentwurf zur Villa Selmayr von Architekt Pfann, 1898; Quelle: Technische Universität München.
die "Bürgermeistervilla" 2007: © Verein für Stadtteilkultur im Münchner Nordosten e.V.
Dieleninnenraum; Entwurfsskizze von Architekt Pfann, 1898; Quelle: Technische Universität München.
Raum 31 (als Vorzimmer), Februar 1899; Quelle: Technische Universität München.
Vorplatz in der Villa Selmayr, September 1898; Quelle: Technische Universität München.
Kneipzimmer im Keller der Villa Selmayr, November 1898; Quelle: Technische Universität München.
Giebelbekrönung Villa Selmayr, August 1898; Quelle: Technische Universität München.
Hausschild der Villa Selmayr; Quelle: Technische Universität München.
das Finanzgericht München im "Bürgermeistergarten", Ismaninger Straße 95 © dietlind pedarnig, 2007.