Der Kurfürst erhielt seinen Willen und konnte vom 5. August 1715 bis 8. August 1716 an der gewünschten Stelle unterhalb von Bogenhausen und an der Südgrenze des Prielwaldes den geplanten Ziegelstadel ausführen. Er war durch einen bis zum Steilufer reichenden Stichkanal mit der Isar verbunden. Die gewonnen Ziegel wurden über eine steinerne Rutsche zu Tal befördert, dort auf flache Kähne ("Plätten") geladen, über die Isar getreidelt und mittels verzweigter Kanäle zu den Bauplätzen nach Nymphenburg und Schleißheim geschafft. Verantwortlich für den Bau des Ziegelstadels war der kurfürstliche wirkliche geheime Rat, Oberstkämmer und Pfleger von Traunstein, Freiherr Ferdinand Maria Franz von Neuhaus – akribisch führte er Buch über die horrenden Kosten des Unternehmens. Zum Vergleich: In den Bau der barocken Pfarrkirche St. Lorenz in Oberföhring durch den Münchner Stadtbaumeister Wolfgang Zwenger flossen in den Jahren 1678–1680 ohne Ausstattung 3771 fl, der  fast ausschließlich aus Holz bestehenden simple Stadel verschlang hingegen am Ende 4533 fl. Der Rechnungsführer Baron Neuhaus erhielt für seine sorgfältige Rechnungslegung 50 fl Gratifikation, konnte aber nicht mehr lange den Lorbeer genießen, denn er verstarb noch im Dezember des Jahres der Ziegelstadelfertigstellung.

 

 

 

 

 

Über die Kapazität des Ziegelstadels und dessen Lieferungen an Steinen und Dachplatten für das Hofbauamt unmittelbar nach dem Bau gibt es keine erhaltenen Dokumente. Für das Jahr 1755 aber vermerkt Ziegelmeister Ferbauer folgende Produktion:

 

95.855 Ziegelsteine in 8 Bränden

7070 Guggeisl [Ziegelsteiner von halber Breite]

21.670 Preis [Backsteine als Einfassung des Daches]

18.760 Häggen [spezielle Dachziegel, die verbunden mit den "Preis" die sogenannte Mönch- und Nonnen-Dachung ergaben]

Gesamt: 143.360 Stück

ferner: 8265 große Pflasterstücke und 6800 kleine Pflasterstücke

 

Auch das Holzmaterial, das das Brennen der Ziegel verschlang, hatte ein enormes Ausmaß. Der Tölzer Floßmeister Joseph Roßwieser verzeichnet 354 Klafter Brennholz im Jahr 1755. Somit wurden also beim Ziegelbrennen ähnlich wie beim Salzsieden oder dem Glasmachen ganze Wälder abgeholzt, ehe die mit Kohlenfeuerung versehenen Ringöfen in den Ziegeleien am Ende des 19. Jahrhunderts erfunden wurden.

 

 

 

 

 

Nach der Versteigerung des Prielwaldes 1803 und der Aufteilung des Gebiets an verschiedene Besitzer und der gleichzeitigen Komplettrodung verzeichnen die Rustikalsteuerkataster 1809 den königlich bayerischen Finanzreferendar Hubert von Steiner als Besitzer der 1715/16 erbauten kurfürstlichen Ziegelei (Besitznummer 214), die nun zum Weiler Priel, Steuergemeinde Oberföhring zählte. Doch schon 1808 veräußert der Priel-Mitauktionator seinen Besitz mit einer Gesamtfläche von 21/35 Tagwerk, davon 1/53 Tagwerk für Haus, Nebengebäude, Wurzgarten und Ziegelstadel an den Bürger und Maurermeister von München, Joseph Högl (= Joseph Höchl) und dessen Ehefrau Josepha, geb. Widmann. Die ehemalige kurfürstliche, dann Steinersche Ziegelei mit ihren großflächigen Lehmvorräten wird im Urkataster 1812 unter Priel Nr. 2 "Beim Höglziegler" aufgeführt und bildet zusammen mit einer weiteren Ziegelei in Bogenhausen) das künftige Höchl'sche Ziegeleiimperium" und eines enormen Vermögens, das die florierende Baukonjunktur der neue Schönfeld- und Maxvorstadt im "Isar-Athen" König Ludwig I. einbrachte. Joseph Höchl erreichte als Maurermeister nahezu den Rang der Künstler und Architekten Leon von Klenze und Friedrich von Gärtner, was sich unter anderem darin manifestiert, dass er seine Grabstelle auf dem Alten Südlichen Friedhof  in München erwerben konnte. Sein Sohn Anton Höchl übernahm 1852 das "Höchlstadelanwesen" von seiner inzwischen verwitweten Mutter Josepha und wird im renovierten Grundsteuerkataster von 1860 als Hausnummer Priel Nr. 4 (später 7) geführt. Auf dem Areal errichtete er noch im gleichen Jahr der Übernahme das heute noch stehende sogenannte Höchl-Schlössl und setzte damit den vorläufigen Schlusspunkt der Geschichte des Ziegelstadels am Priel vom kurfürstlichen Besitz zum Anwesen eines "Loambarons".

 

 

 

 

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Abbildungen von oben nach unten:

Stichkanal von der Ziegelei am Priel bis zum Strobolischen Gartens unterhalb des Bogenhauser Pfarrhofs zur Isar und zu den Kanälen; nach einer Zeichnung von Fritz Lutz.

Kupferstich des französischen Botanikers und Ingenierus Henri Lous Duhamel du Monceau, der 1763 eines der ersten Bücher über die Ziegelherstellung herausgab, mit detailgenauen Ansichten von Ziegelhütten und Arbeitsabläufen festhielt. 1768 erschien die deutsche Übersetzung: "Die Kunst Mauer- und Dachziegel zu streichen".

Die Höchl-Ziegelei am Priel in Bogenhausen mit Höchl-Schlössl  auf einer Flurkarte von 1894.