Bogenhausen:
Neuberghausen

Biedermeierlicher
Spaziergang in Neuberghausen
Gegenüber
der damals noch gotischen St.
Georgskirche, am Bogenhauser
Kirchplatz, steht
Mitte des 15. Jahrhunderts ein kleines Wohn- und
Wirtschaftsgebäude, das sich im Laufe von zwei Jahrhunderten zu einem
stattlichen Anwesen auf dem Areal der heutigen Maria-Theresia-Straße 35
ausweitet. Die
"Hofstatt auf dem Perg zu Pogenhausen" darf sich schon im 17. Jahrhundert gerne als
"Schlösschen" bezeichnen lassen. Im 18. Jahrhundert
geht es durch viele Hände: die eines
Buchdruckers, des Angerklosters, eines permanent in Geldnöten
steckender Kunstmalers, der Grafen zu Törring. Schließlich
erwirbt es samt dazugehörigem Grundbesitz am 3.
Juni 1740 Caspar Gregor von Lachenmayr, Hofkammerrat,
Münzamtskommissar und geheimer Zahlmeister. Einen Monat später
erhebt Kurfürst Karl
Albrecht sein Anwesen zum Edelsitz „Neuberghaußen“ und versieht es mit einer
Niedergerichtsbarkeit. So erhält Bogenhausen rund 100 Jahre nach Schloss
Steppberg
den zweiten Edelsitz, Schloss
Neuberghausen.

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Im
Juni 1760 geht der Besitz an August Joseph Graf von Törring-Jettenbach. Er veranlasst sofort nach dem Kauf einen
Umbau des Schlosses im Stil des Rokoko (1761 bis 1763) und
engagiert dazu hochrangige Münchner Baumeister: Ignaz
Anton Gunetzrhainer und François de Cuvilliés
den Älteren.
Gleichzeitig wird der Graf (neben dem damaligen Pfarrer
Riedler)
zur treibenden Kraft für einen Neu- bzw. Umbau der St.
Georgskirche
in eine reich ausgestattete Rokokokirche (1760 bis 1770), der Turm erhält statt des
Spitzdachs die charakteristische "Zwiebel" (1771). Er selbst stiftet
den neuen Choraltar mit dem gräflichen Wappen und die Kanzel. So
namhafte Baumeister und Künstler wie Johann Michael Fischer,
Philipp Helterhof, Johann
Baptist Straub
und Ignaz
Günther
setzen hier in der ehemaligen Pfarrkirche St. Georg in Neuberghausen einen der bau- und
kunstgeschichtlichen letzten Höhepunkte des bayerischen Rokoko. |
Sein Sohn Joseph August
verkauft den Edelsitz im November 1808 an Johann
Wilhelm Freiherr von Hompesch.
Ab diesem Zeitpunkt ist daher auch die Bezeichnung "Hompeschschlössl"
für das Anwesen üblich. 1818
wird Neuberghausen zur Gemeinde erhoben.

Kirche
und Pfarrhof St. Georg und Hompeschschlössl um 1850
Die
Wirtin vom "Tivoli" im Lehel erwirbt im
Dezember 1827 das Schlössl und richtet im ehemaligen Landhaus des
Finanzministers Hompesch eine bald blühende Ausflugsgaststätte
unter dem Namen "Neuberghausen" ein. Nicht nur Heinrich
Heine genießt hier oben auf der Treppenterrasse den Ausblick bis
auf die Tiroler Alpen, auch das Bier schmeckt ihm hier "ganz vortrefflich", wie
er in seinen "Reisebildern" 1841 schreibt.
Im September 1862
kauft König
Maximilian II. die
beliebte Ausflugsgaststätte der Münchner. Er plant jedoch eine Versorgungsanstalt für die Hinterlassenen von
königlichen Beamten einzurichten und so werden das Schlösschen
nebst Nebengebäude im Jahre 1862 abgebrochen und an gleicher
Stelle entsteht die "Königliche Versorgungsanstalt für
Beamtentöchter", hoch über dem Isarhang und Bad Brunnthal
thronend, als krönender Abschluss der Maximiliansanlagen. Die Erlaubnis zur Führung eine
Gastwirtschaft wird auf den gegenüberliegenden "Rappelhof"
übertragen und eine neue Gaststätte mit dem Namen "Gasthaus
Neuberghausen", Neuberghauser Straße 11, errichtet. Anstelle
des Gasthauses steht hier seit 1913 die "Lauer-Villa".
Sie wird als Verbindungshaus, Synagoge und Fachhochschule
genutzt, ehe 1993 die "Städtische Sing- und
Musikschule" und eine Städtische Kindertagesstätte
einziehen und die Räume in einer Generalsanierung wieder
historisch rückgebaut werden.


Am
1. Januar 1892 wird Neuberghausen als Teil der Gemeinde
Bogenhausen nach München eingemeindet.
Am
Bogenhauser Kirchplatz scheint heute noch die Zeit stehen
geblieben zu sein und man ahnt, wie das ehemalige "Dorf
Bogenhausen" wohl ausgesehen haben mag, obwohl auch hier -
wie in allen Stadtteilen Münchens - viel historische Bausubstanz
größeren, modernen Immobilienobjekten weichen musste. Eine
Luftbildaufnahme aus dem Jahr 2008 zeigt Bogenhausen zwischen
Händel- und Törringstraße. Wenn Sie mit dem Mauszeiger über
das Bild fahren, erhalten Sie durch Anclicken mehr Informationen zu
den Gebäuden.

Fotos
von oben nach unten: Ansicht Bogenhausens mit Kirche St. Georg, Pfarrhof,
dem ehemaligen Edelsitz, dann Ausflugsgaststätte Neuberghausen
und Bad Brunnthal,
Im Hintergrund der Kirchturm von
St. Lorenz/Oberföhring. Lithografie von Carl von
Lebschée,
1830 Ansicht Neuberghausen um 1850
Neuberghausen auf
einer Ansichtskarte von 1898: Bad Brunnthal,
Beamtenreliktenanstalt,
Sternwarte,
Gastwirtschaft von L. Betz,
Gasthaus Neuberghausen
(im Uhrzeigersinn)
Neuberghausen auf
einer Ansichtskarte von 1900:
Beamtenreliktenanstalt, Bad Brunnthal,
Sternwarte, Kolonialwaren Niggl
(im Uhrzeigersinn)
Am
Bogenhauser Kirchplatz, hinten das Pfarrhaus St. Georg ©
dietlind pedarnig (2007)
Luftbildaufnahme
Bogenhausen-Neuberghausen im März 2008; mit freundlicher Genehmigung von Klaus
Leidorf; Copyright: Klaus Leidorf Luftbilddokumentation; Quelle:
http://www.leidorf.de/index.php
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